A. Täterschaft und Teilnahme
Rz. 1
Eine Trunkenheitsfahrt (§ 316 StGB) ist ebenso wie eine Straßenverkehrsgefährdung (§ 315c Abs. 1b StGB) ein eigenhändiges Delikt, so dass Täter nur sein kann, wer das Fahrzeug selbst führt, mag dies auch nur durch Bedienen der Lenkung vom Beifahrersitz aus geschehen.
Rz. 2
Rz. 3
Hat der Dritte das Fahrzeug nicht selbst geführt, kann er nur Beihilfe oder Anstiftung begehen, was wiederum eine vorsätzliche Haupttat voraussetzt (siehe § 38 Rdn 4 f.).
Rz. 4
Unabhängig davon kann jedoch derjenige, der als Gastwirt oder privater Gastgeber durch das Ausschenken alkoholischer Getränke die Fahrunsicherheit des Fahrzeugführers herbeigeführt hat, für die auf der anschließenden Fahrt von dem Betrunkenen verursachte Körperverletzung oder fahrlässige Tötung strafrechtlich verantwortlich sein; eine zum Einschreiten verpflichtende Garantenpflicht wird man allerdings erst annehmen können, wenn der Gast so betrunken ist, dass er nicht mehr eigenverantwortlich handeln kann (BGH NJW 1964, 412; 1975, 1175; OLG Saarbrücken NJW RR 1995, 986).
Rz. 5
Die strafrechtliche Verantwortlichkeit eines Halters, auch für die Folgen einer Alkoholfahrt, wird allerdings schon dann zu bejahen sein, wenn er einem erkennbaren Fahruntauglichen sein Fahrzeug überlassen hat (OLG Hamm NJW 1983, 2456).
B. Fahrzeug im Verkehr führen
I. Fahrzeug
Rz. 6
§ 316 StGB erfasst – anders als § 24a StVG oder § 69 StGB, die nur für Kraftfahrzeuge gelten – Fahrzeuge jeder Art, z.B. auch Fahrräder, Elektroroller, Segway (OLG Hamburg NZV 2017, 193), Fuhrwerke, ja selbst Krankenfahrstühle, nicht aber Inline-Skates (LG Landshut, DAR 2016, 537), im Übrigen aber auch sämtliche sonstigen Verkehrsarten einschließlich des Eisenbahn-, Schiffs- und Luftverkehrs. So sind z.B. Motorboote ebenfalls Fahrzeuge i.S.d. § 316 StGB (LG Kiel NZV 2007, 160; OLG Brandenburg DAR 2008, 393). Auch wenn der Führer eines solchen Fahrzeuges sich nach § 316 StGB strafbar gemacht hat, kann ihm der Strafrichter die Fahrerlaubnis nur entziehen, wenn er ein Kraftfahrzeug geführt hat; die §§ 69, 69a StGB (wie im Übrigen auch § 24a StVG) setzen nämlich das Führen eines Kraftfahrzeuges voraus. Diese Voraussetzungen erfüllen Boote, Schienenfahrzeuge, Fahrräder, Segways oder Pedelecs, die ohne Unterstützung des Fahrers nicht schneller als 25 km/h fahren, nicht (OLG Hamm NZV 2014, 482); dagegen sind Pedelecs, die allein aufgrund des Antriebes Geschwindigkeiten von mehr als 25 km/h erreichen ebenso Kraftfahrzeuge wie Elektroroller (AG Lübben NJW 2018, 530).
Die Unterscheidung hat darüber hinaus auch Bedeutung für den für die Fahruntauglichkeit anzunehmenden absoluten Grenzwert (s. nachfolgend Rdn 20 ff).
Im Gegensatz zum Strafrecht hat eine Trunkenheitsfahrt im Verwaltungsrecht Konsequenzen für den Führerschein, sie rechtfertigt Eignungszweifel.
II. Führen
1. Fahrzeugführer
Rz. 7
Fahrer ist nur, wer das Fahrzeug in Bewegung setzt oder unter Handhabung seiner technischen Einrichtung ganz oder teilweise lenkt. Diese Voraussetzungen erfüllen, wie sonstige Beifahrer, auch Fahrlehrer erst mit Eingreifen in Lenk- oder Betriebsvorgänge (OLG Dresden zfs 2006, 171; LG Münster zfs 2018, 169).
2. Drehen der Räder
Rz. 8
Voraussetzung ist, dass sich die Räder des Fahrzeuges drehen. Bei Mofa- oder Radfahrern reicht es aus, wenn sich diese auf dem Sattel sitzend abstoßen. Ein Führen liegt dagegen nicht schon vor, wenn jemand im unbewegten Fahrzeug sitzt, auch wenn das Licht eingeschaltet ist und der Motor läuft (BGH zfs 1989, 32; BGH DAR 2019, 386); auch dann nicht, wenn das Fahr- und Triebwerk zwar betätigt werden, eine Fortbewegung objektiv jedoch nicht möglich ist (BayObLG VRS 70, 442) oder beim vergeblichen Versuch, einen feststeckenden Pkw freizubekommen (OLG Karlsruhe NZV 1992, 493; OLG Brandenburg DAR 2006, 219).
Ebenso wenig fallen unter den Tatbestand Vorgänge, die sich nach Abstellen des Motors und Verlassen des Fahrzeuges ereignen, wenn z.B. das Fahrzeug wegrollt, weil der Fahrer vergessen hat, die Handbremse anzuziehen (OLG Karlsruhe NZV 2006, 441).
3. Versuch
Rz. 9
Tipp
Auch wenn ein Betrunkener wegfahren wollte, kann er – solange sich das Fahrzeug noch nicht bewegt hatte – nicht bestraft werden, da der Versuch einer Trunkenheitsfahrt nicht strafbar ist (LG Köln DAR 1994, 165).
4. Drehen des Zündschlüssels
Rz. 10
Das Führen setzt ein gewolltes Inbewegungsetzen voraus und liegt nicht bereits dann vor, wenn der Gang eingeschaltet war und sich das Fahrzeug beim Drehen des Zündschlüssels ruckartig bewegte (OLG Düsseldorf NZV 1992, 197; OLG Frankfurt NZV 1990, 277).
5. Ohne Motorkraft
Rz. 11
Nicht erforderlich ist allerdings, dass das Fahrzeug mit dem eigenen Antrieb bewegt wird. Der Fahrer eines abgeschleppten, betriebsunfähigen Pkw (BGH DAR 1990, 184; OLG Hamm DAR 1999, 178) führt diesen deshalb ebenso wie derjenige, der ohne Einschalten des Motors das Fahrzeug über eine Gefällstrecke abrollen lässt (BGHSt 35, 393), unabhängig davon, dass der Fahrer eines abgeschleppten Fahrzeuges keine Fahrerlaubnis benötigt.
6. Schieben
Rz. 12
Wer ein Fahrzeug schiebt, führt es nicht ...