Entzug des Führerscheins für alkoholisierten E-Scooter-Sozius?
Ein Mann fuhr als Beifahrer auf einem E-Scooter mit, wobei er sich mit seinen Händen am Lenker des Scooters festhielt. Das Gefährt fiel auf, weil es einen Fahrradweg in falscher Richtung befuhr.
Beifahrer des E-Scooters hatte 1,2 Promille Alkohol im Blut
Eine Blutentnahme ergab eine Alkoholkonzentration von 1,2 Promille bei dem Beifahrer. Das Amtsgericht hatte dem Mann die Fahrerlaubnis vorläufig entzogen. Dagegen legte er Beschwerde ein. Ohne Erfolg.
Trunkenheit im Verkehr für Sozius?
Das Gericht sah bei dem Beifahrer den Tatbestand einer Trunkenheit im Verkehr nach § 316 StGB als gegeben an, obwohl er nur die hintere Position des Beifahrers auf dem E-Scooter innehatte. Er habe das Fahrzeug im Sinne von § 316 StGB geführt.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist Führer eines Fahrzeugs derjenige, der sich selbst aller oder wenigstens eines Teiles der wesentlichen technischen Einrichtungen es Fahrzeugs bedient, die für seine Fortbewegung bestimmt sind.
Festhalten am Lenker ist schon ein Führen eines Fahrzeugs – dies gilt auch für Beifahrer
Der Beschuldigte habe eingeräumt, dass er die Hände am Lenker gehabt habe und diesen festhielt, er allerdings keine Lenkbewegungen ausgeführt habe. Allein dieses Festhalten des Lenkers eines E-Scooters während der Fahrt durch einen Sozius stelle ein Lenken des Fahrzeugs und damit das Führen eines Fahrzeugs im Sinne des § 316 StGB dar. Das gelte unabhängig davon, ob aktive Lenkbewegungen vorgenommen werden oder nicht.
E-Scooter sind auch nicht mit Fahrrädern gleichzusetzen. Sie sind Kraftfahrzeuge (§ 1 Abs. 1 der Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung) und unterliegen damit den für Kraftfahrzeuge geltenden Regelungen im Straßenverkehrsrecht.
Ab 1,1 Promille absolute Fahruntüchtigkeit bei E-Scooter-Fahrern anzunehmen
Im vorliegenden Fall ist dies insbesondere relevant für die Beurteilung der Alkoholkonzentration. Eine absolute Fahruntüchtigkeit ist beim Führen von E-Scootern aufgrund der Einordnung als Kraftfahrzeuge bereits ab einer Blutalkoholkonzentration von 1,1 Promille anzunehmen und nicht erst ab 1,6 Promille wie bei Fahrradfahrern. Mit seinen festgestellten 1,2 Promille war der Sozius-Fahrer damit absolut fahruntüchtig.
Der Beschuldigte habe das Fahrzeug auch vorsätzlich geführt, so das Gericht. Hinsichtlich seiner Fahruntüchtigkeit habe er jedenfalls fahrlässig gehandelt.
Fazit: Die vorläufige Entziehung des Führerscheins während des Ermittlungsverfahrens ist rechtmäßig.
(LG Oldenburg, Beschluss v. 7.11.2022, 4 Qs 368/22)
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