Rz. 20

Ein häufiges Problem für den Verteidiger stellen die so genannten Kennzeichenanzeigen dar. Mangels eindeutiger Zuordnung des Fahrers über die Halterdaten, etwa wenn eine Firma Halterin des gemessenen Fahrzeugs war, wird die Halterin zuerst angeschrieben. Dies geschieht oftmals in nicht eindeutiger Weise, das heißt, dass der Halterin einerseits der Vorwurf des Verkehrsverstoßes zugewiesen wird, andererseits aber für den Fall der unklaren Fahrereigenschaft die Mithilfe bei der Fahrerbenennung in Zeugenschaft begehrt wird. Das bloße Ignorieren einer solchen Anfrage birgt die Gefahr, dass eine Fahrtenbuchauflage angeordnet wird.[17] Deswegen muss der Verteidiger im Schreiben an die Behörde einen Mittelweg finden, um sich zum einen gegen den Verstoß zu verwahren, andererseits die Unterstützung der Behörde bei der Fahrerfindung nicht auszuschließen.

 

Rz. 21

Ein weiterer wichtiger Aspekt einer solchen Konstellation ist, dass der Verteidiger oft zunächst für die Halterin tätig wird, später dann für den Fahrer. Oftmals vergisst die Behörde dabei, dass die für die Halterin eingereichte Vollmacht nicht für das Verfahren gegen den Fahrer gilt, und stellt dann auch im neuen Verfahren den Bußgeldbescheid an den Verteidiger zu. Dies ist unzulässig und unterbricht die Verjährung nicht, sofern keine neue Vollmacht vorgelegt wurde.[18] Sollte es sich bei dem gemessenen Fahrzeug um einen Pkw handeln, der dienstlich und privat genutzt werden darf, somit auch Familienmitglieder als Fahrer in Betracht kommen, muss der Mandant in solchen Fällen weder als Betroffener noch als Angehöriger irgendwelche Auskünfte erteilen, §§ 52, 136, 163a StPO. Für eine spätere Hauptverhandlung ist ergänzend zu berücksichtigen, dass der Betroffene, möchte er einen Entbindungsantrag nach § 73 Abs. 2 OWiG stellen, nicht die Fahrereigenschaft einräumen muss: Bei einer Kennzeichenanzeige besteht für das Tatgericht keine Möglichkeit, die Identität des anwesenden Betroffenen als Fahrer mit anderen Beweismitteln abzugleichen.[19]

 

Rz. 22

Muster 37.7: Klarstellung der Verfahrensbeteiligung

 

Muster 37.7: Klarstellung der Verfahrensbeteiligung

An die Zentrale Bußgeldstelle _________________________

Sehr geehrte _________________________,

ich verweise auf die beiliegende Vollmacht und bestelle mich für unseren Mandanten. Diesem ist von Ihrer Seite ein Anhörungsbogen zugesandt worden, in welchem er in nicht eindeutiger Weise über einen angeblichen Verkehrsverstoß informiert wird. Es ist unklar, ob er als Betroffener oder als Zeuge angehört werden soll. Der behauptete Verkehrsverstoß wurde mit einem Fahrzeug begangen, das auf unseren Mandanten zugelassen ist und ihm als Fahrzeug des Arbeitsgebers zur Verfügung gestellt wurde. Er darf dieses dienstlich und privat nutzen, ebenso seine Familienmitglieder.

Unser Mandant ist demnach weder als Betroffener noch als Zeuge dazu verpflichtet, auf das Anhörungsschreiben zu reagieren und wird auch im weiteren Verfahren keine Angaben Ihnen gegenüber machen. Auf §§ 52, 136, 163a StPO wird insoweit verwiesen. Höchst vorsorglich erklären wir zudem, dass unser Mandant Ladungen durch die Polizei – mangels Verpflichtung – keine Folge leisten wird.

Insofern regen wir an, das Verfahren mangels hinreichenden Tatverdachts einzustellen.

Des Weiteren beantragen wir Akteneinsicht zwecks Inaugenscheinnahme möglicher in der Akte befindlicher Beweismittel.

[17] Vgl. BeckOK StVR/Heinzeller, § 31a StVZO Rn 22 ff.
[19] KG, Beschl. v. 11.12.2017 – 3 Ws (B) 310/17 = jurisPR-VerkR 10/2018 Anm. 4.

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