Rz. 23
Der Einspruch gegen den erlassenen und zugestellten Bußgeldbescheid kann durch den Betroffenen selbst oder durch den Verteidiger gegenüber der Behörde erfolgen. Der Einspruchswille muss dabei klar erkennbar sein, jegliche zweideutige Formulierung oder gar die Verwendung des Konjunktivs oder Irrealis sollte vermieden werden. Des Weiteren muss der Einspruch form- und fristgerecht bei der zuständigen Behörde eingegangen sein. Hierzu ist festzuhalten, dass nach wie vor die Einlegung des Einspruchs per E-Mail nicht formgerecht ist, so dass herkömmlicher Schriftverkehr oder Faxübersendung genutzt werden müssen. Denn selbst wenn die Behörde einen Einspruch per E-Mail gelten lassen würde, ist das Gericht später daran nicht gebunden! Für den Fristlauf muss der Verteidiger darauf achten, an wen der Bußgeldbescheid tatsächlich zugestellt wurde. Hat sich der Verteidiger ohne Vollmacht legitimiert, kann der Bußgeldbescheid verjährungsunterbrechend nur an den Betroffenen zugestellt werden, vgl. § 51 Abs. 3 OWiG. Die Frist beginnt deswegen in einem solchen Fall ab dem Tag der Zustellung bei dem Betroffenen!
Rz. 24
Muster 37.8: Einspruch
Muster 37.8: Einspruch
An die Zentrale Bußgeldstelle _________________________
Sehr geehrte _________________________,
ich verweise zunächst auf mein Bestellungsschreiben vom _________________________ und die als Anlage bereits vorliegende schriftliche Verteidigungs- und Vertretungsvollmacht. Namens und im Auftrag des Betroffenen erhebe ich hiermit Einspruch gegen den Bußgeldbescheid der Zentralen Bußgeldstelle _________________________, (optional) zugestellt am _________________________.
(optional) Der Betroffene wird zunächst von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch machen und sich über seinen Verteidiger äußern. Derzeit ist eine Stellungnahme zum im Bußgeldbescheid erhobenen Vorwurf beabsichtigt. Hierfür wird die Gewährung einer Stellungnahmefrist von 3 Wochen beantragt, vor deren Ablauf die Akten nicht der Staatsanwaltschaft zugeleitet werden mögen.
(optional) Zugleich beantrage ich die Gewährung von Akteneinsicht.
(optional) Einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren wird widersprochen.
(optional) Bereits jetzt beantrage ich die Einstellung des Verfahrens nach § 47 OWiG. (ggf. nähere Begründung)
Rz. 25
Sollte der Verteidiger vom Betroffenen erst nach Zustellung des Bußgeldbescheides erstmals aufgesucht und mandatiert werden, ist natürlich neben der Bestellung und der Einlegung des Einspruchs auch das Gesuch nach Akteneinsicht nicht zu vergessen, ebenso ggf. der Hinweis darauf, dass der Betroffene zunächst von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch macht, oder der Antrag, das Verfahren einzustellen, aber auch der Widerspruch gegen eine Entscheidung nach § 72 OWiG.
Rz. 26
Bisweilen kann es vorkommen, gerade bei Verkehrsunfällen, dass die aufnehmenden Beamten die Sache schon vor Ort zu lösen versuchen. Das ist oftmals zwar sachgerecht, indes nicht immer rechtlich bindend für die Unfallbeteiligten. Wenn etwa vor Ort lediglich eine Verwarnung ohne Geldbetrag ausgesprochen wird – etwa weil die Schuld eingeräumt wurde und der Betroffene ohnehin einen offensichtlichen hohen Eigenschaden zu verzeichnen hat –, kann es nicht selten passieren, dass nachfolgend doch ein Bußgeldbescheid gegen den Betroffenen erlassen wird. Dies ist dem Grunde nach auch zulässig, § 56 Abs. 4 OWiG, kann aber dennoch mit guten Gründen angegriffen werden. Dies ist einer der seltenen Fälle, in denen der Verteidiger aus rein faktischen Gründen versuchen kann, die Behörde zur Rücknahme eines Bußgeldbescheides zu bewegen.
Rz. 27
Muster 37.9: Einspruch und Anregung der Rücknahme
Muster 37.9: Einspruch und Anregung der Rücknahme
An die Zentrale Bußgeldstelle _________________________
Sehr geehrte _________________________,
hiermit lege ich namens und in Vollmacht des Betroffenen Einspruch gegen den Bußgeldbescheid vom _________________________ ein.
Ich beantrage zunächst, den Bußgeldbescheid zurückzunehmen (Göhler/Gürtler, OWiG, 17. Aufl., 2017, § 56 OWiG Rn 44b). Denn vor Ort hat der den Unfall aufnehmende Polizeibeamte _________________________, der hiermit bereits als Zeuge für eine mögliche Hauptverhandlung benannt wird, nach der informatorischen Anhörung der Unfallbeteiligten eine Verwarnung ausgesprochen und dabei auf die Festsetzung eines Verwarnungsgeldes ausdrücklich verzichtet. Dies bezeugen kann der anwesende Beifahrer, Herr _________________________, der ebenfalls als Zeuge für eine mögliche Hauptverhandlung benannt wird.
Die Verwarnung darf auch mündlich erfolgen (vgl. Göhler/Gürtler, § 56 OWiG Rn 16). Dadurch ist der Erlass eines späteren Bußgeldbescheides zwar nicht gehindert, § 56 Abs. 4 OWiG, aber der Vertrauensgrundsatz gebietet gegenüber dem Betroffenen, von dem Erlass eines späteren Bußgeldbescheides abzusehen (vgl. Göhler/Gürtler, § 56 OWiG Rn 42).
Höchst hilfsweise beantrage ich, das Verfahren nach § 47 OWiG einzustellen. Denn dem Mandanten ist durch den eigenverschuldeten Unfall ei...