Rz. 136
Ein klassisches Streitfeld im Ordnungswidrigkeitenverfahren ist die Terminierung des Gerichts sowie die Möglichkeit, eine Verlegung des Hauptverhandlungstermins zu erreichen. Aus dem Grundsatz der gerichtlichen Terminshoheit nach § 213 StPO resultiert eine Einschränkung der Überprüfbarkeit der Terminsverfügung dahingehend, dass lediglich die Einhaltung der rechtlichen Grenzen des Ermessensspielraumes bei der Entscheidung über die Terminierung nachprüfbar ist. Begehren der Betroffene oder der Verteidiger eine Terminsverlegung und wird dies abgelehnt, unterliegt diese Entscheidung deswegen nicht der Beschwerde nach § 305 StPO. Eine Beschwerde gegen eine Terminsbestimmung ist allerdings trotz § 305 S. 1 StPO zulässig, wenn gewichtige und evidente Fehler der Ermessenentscheidung des Vorsitzenden geltend gemacht werden. Teilweise wird aber vertreten, dass in Bußgeldsachen die Ausnahmen sehr restriktiv gehandhabt werden sollen.
Rz. 137
Die Ablehnung eines Terminsverlegungsantrags führt zu einer Verletzung des rechtlichen Gehörs, wenn sie auf sachfremden und nicht mehr nachvollziehbaren Gründen beruht und dem Betroffenen dadurch der erste Zugang zum Gericht genommen wird.
Rz. 138
Bezüglich der Terminierung der Hauptverhandlung muss der Verteidiger ggf. das Anwesenheitsrecht des Betroffenen in Erinnerung bringen, das als Korrelat zur Anwesenheitspflicht in § 73 Abs. 1 OWiG fungiert. Wird es verletzt, kann dies mit der Rechtsbeschwerde gerügt werden. Aus der BGH-Rechtsprechung zum Verwerfungsurteil nach Aufhebung und Zurückverweisung ergibt sich z.B., dass eine anstelle eines gebotenen Verwerfungsurteils erlassene Sachentscheidung das Anwesenheitsrecht des Betroffenen verletzt. Aus dem Anwesenheitsrecht ergibt sich auch das Recht auf Terminswahrnehmung in Begleitung des Wahlverteidigers: Hat der Verteidiger rechtzeitig vor dem Termin einen begründeten Verlegungsantrag wegen seiner Verhinderung gestellt, so hat das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden, wobei bei einem bestreitenden Betroffenen einem solchen Antrag in der Regel zu entsprechen ist. Aber auch der bereits entbundene Betroffene hat das Recht, von einem gewählten Verteidiger vertreten zu werden.
Rz. 139
Die Grundsätze einer fairen Prozessführung gebieten bei Anträgen zur Terminsverlegung ein sachgerechtes Umdisponieren des Gerichts. Die formularmäßige Ablehnung von Terminsverlegungsanträgen mit der Begründung, dass aufgrund der hohen Geschäftsbelastung Terminsverlegungen nur in ganz engen Ausnahmefällen möglich seien und die Verhinderung des Verteidigers grundsätzlich keine solche Ausnahme darstelle, stellt eine grundsätzliche Verkennung des Rechts des Betroffenen dar, sich von einem Anwalt seines Vertrauens vertreten zu lassen. Die Geschäftslage des erkennenden Gerichts – mag sie auch noch so besorgniserregend sein – kann also kein Ablehnungsgrund sein.
Rz. 140
Der bestellte Verteidiger ist im Übrigen auch dann zu laden, wenn eine Vollmacht nicht vorliegt oder wenn feststeht, dass er vom Termin bereits Kenntnis hat.
Rz. 141
Probleme bereitet vor allem die Situation des erst nach Terminierung bestellten Verteidigers. Ausgehend von einer Entscheidung des KG ist eigentlich davon auszugehen, dass bei rechtzeitig vor dem Termin gestelltem begründeten Verlegungsantrag des Verteidigers wegen seiner Verhinderung bei einem bestreitenden Betroffenen einem solchen Antrag in der Regel zu entsprechen ist. Auch wäre es ein Verfahrensfehler, wenn das Gericht den Betroffenen darauf verweist, sich entweder von einem anderen Anwalt verteidigen zu lassen, hilfsweise die Verteidigung selbst zu übernehmen, ohne sich damit auseinanderzusetzen, ob dies dem Betroffenen angesichts des enormen Zeitdrucks noch zuzumuten ist. Allerdings wurde auch schon entschieden, dass es, wenn der mit der Sache bisher nicht vertraute Verteidiger erst nach der Terminsladung und relativ kurzfristig vor dem Termin neu mandatiert wird, dem Angeklagten zuzumuten sei, sicherzustellen, dass dieser Verteidiger den Termin auch wahrnehmen könne; ebenso wie der Verteidiger bei der Übernahme des Mandats eine offen liegende Terminkollision bedenken müsse.
Rz. 142
Muster 37.44: Terminsverlegung
Muster 37.44: Terminsverlegung
An das Amtsgericht _________________________
Sehr geehrte _________________________,
nach erhaltener Ladung zum Hauptverhandlungstermin vom _________________________ muss leider ein Antrag auf Terminsverlegung und Anberaumung eines neuen Hauptverhandlungstermins gestellt werden.
Denn an dem gewählten Verhandlungstag muss der seitens des Betroffenen als Wahlverteidiger mandatierte Unterzeichner bereits in einer anderen Sache in _________________________ vor Gericht auftreten. Die dortige Verhandlung, geführt unter dem Aktenzeichen _________________________ bei dem Amtsgericht _________________________, wurde bereits am _________________________ terminiert und dem hier bestellten Verteidiger am ____________________...