Rz. 136

Nach § 850c Abs. 4 ZPO kann eine Person, welcher der Schuldner aufgrund gesetzlicher Verpflichtung Unterhalt gewährt, bei der Berechnung des unpfändbaren Teils des Arbeitseinkommens ganz oder teilweise unberücksichtigt bleiben, wenn sie über eigene Einkünfte verfügt und der Gläubiger einen entsprechenden Antrag beim Vollstreckungsgericht stellt, das nach billigem Ermessen entscheidet.

 

Rz. 137

Die auf Antrag des Gläubigers vom Vollstreckungsgericht gemäß § 850c Abs. 4 ZPO zutreffende Bestimmung hat unter Einbeziehung aller wesentlichen Umstände des Einzelfalls und nicht lediglich nach festen Berechnungsgrößen zu erfolgen.[5] Grundlage dieser Entscheidung des BGH war ein Antrag des Gläubigers, den etwa zehnjährigen Sohn einer Schuldnerin aufgrund eigener Einkünfte (monatliche Unterhaltszahlungen) nur zu 25 % der Spanne zwischen dem Betrag, der ohne Berücksichtigung des Sohnes und dem Betrag, der mit Berücksichtigung des Sohnes pfändungsfrei wäre, zu berücksichtigen. Der BGH ist der Auffassung, dass der selbst über Einkommen verfügende Unterhaltsberechtigte dann bei der Berechnung des unpfändbaren Teils des Arbeitseinkommens unberücksichtigt bleibt, wenn seine Einkünfte den Grundfreibetrag des § 850c Abs. 1 S. 1 ZPO für einen Schuldner ohne Unterhaltsverpflichtung erreichen oder übersteigen. Unterschreite das Einkommen des Unterhaltsberechtigten diesen Grundfreibetrag, entspreche es billigem Ermessen i.S.d. § 850c Abs. 4 ZPO, dem Schuldner den zusätzlichen Pfändungsfreibetrag für den Unterhaltsberechtigten mit eigenem Einkommen zu dem Bruchteil zu belassen, der sich aus dem Verhältnis des Einkommens des Unterhaltsberechtigten zu dem Verhältnis des Einkommens des Unterhaltsberechtigten zum Grundfreibetrag ergebe.

 

Rz. 138

Jedoch hielt der BGH es für geboten, als Orientierungshilfe für die Ausübung des billigen Ermessens den sozialrechtlichen Grundbedarf des Unterhaltsberechtigten gemäß dem damaligen § 22 BSHG (Bundessozialhilfegesetz; heute: SGB XII) zuzüglich eines 20 %igen Besserstellungszuschlags zugrunde zu legen. Die Orientierung am Sozialhilfesatz gewährleiste, dass der Unterhaltsberechtigte in ausreichendem Maße die zur Deckung eines angemessenen Lebensbedarfs erforderlichen Mittel erhalte, wobei er allerdings Abstriche in seiner Lebensführung hinnehmen müsse, soweit der Unterhaltspflichtige Schulden zu tilgen habe.

 

Rz. 139

Die Frage, in welcher konkreten Höhe Einkünfte zu berücksichtigen sind, ist in der ZPO nicht geregelt. Der BGH schließt sich der Auffassung verschiedener Gerichte an, dass die von Gesetzes wegen nach billigem Ermessen zu treffende Bestimmung des Vollstreckungsgerichts eine schematisierte Betrachtungsweise verbietet. Es kommt daher in der Praxis auch immer darauf an, in welcher Region ein Schuldner bzw. sein Unterhaltsberechtigter lebt und wie die dortigen Verhältnisse sind.

 

Rz. 140

Der Nichtberücksichtigungsantrag kann im Formular wie folgt gestellt werden. Zunächst wird auf S. 6 des amtlichen PfÜB-Formulars angekreuzt, welchen Antrag man stellen möchte:

 

Rz. 141

Bild-Quelle: Amtlicher PfÜB-Antrag, download von: justiz-nrw.de

 

Rz. 142

Auf S. 7 wird dann dieser Antrag konkretisiert.

 

Rz. 143

Bild-Quelle: Amtlicher PfÜB-Antrag, download von: justiz-nrw.de

 

Rz. 144

Der Rechtspfleger füllt sodann auf S. 7 und 8 die entsprechenden Daten aus:

 

Rz. 145

 

Hinweis:

Das Thema Pfändungs- und Überweisungsbeschluss ist ein sehr umfassendes Thema. Da dieses Werk kein eigenes Buch zum Thema Vollstreckungsrecht darstellt, können hier nur die in der Praxis häufig vorkommenden Pfändungsmöglichkeiten dargestellt werden. Konten- und Arbeitslohnpfändungen gehören zum "Standard-Programm" und sollten von jeder/jedem Rechtsanwaltsfachangestellten gut beherrscht werden. Rechtsfachwirte werden sich auch mit den Ansprüchen "G" befassen, wie z.B. die Pfändung von Ansprüchen aus Eigentümergrundschulden, Geschäftsanteilen an einer GmbH, Patent- und Markenrechten, Rechten an Domains; Mietansprüchen und anderem.

 

Rz. 146

Nachfolgend das zwingend seit dem 1.11.2014 zu verwendende Muster eines Antrags auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses wegen gewöhnlicher Geldforderungen, also betreffend Arbeitseinkommen, Steuererstattungsansprüchen, Konten, Versicherungsleistungen, und anderen Ansprüchen:

 

Rz. 147

 

Muster: Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses insbesondere wegen gewöhnlicher Geldforderungen

 

Rz. 148

 

Muster: Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses wegen Unterhaltsforderungen

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