Prof. Dr. Günther Schneider
Rz. 104
Fragen nach dem Versicherungsschutz und solche zur Anwendung des Haftungsausschlusses nach §§ 104, 105 SGB VII stellen sich auch im Zusammenhang mit Unfällen, die durch Tiere verursacht werden.
Rz. 105
Wird z.B. der Arbeitnehmer während der Arbeitszeit vom Wachhund, dessen Halter der Unternehmer ist, gebissen, so genießt er Unfallversicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII. Verlangt er Schadensersatz (§ 833 BGB), so kann sich der Unternehmer auf seine Haftungsfreistellung berufen, ebenso wenn der Versicherte vom Hund verletzt wird, den der Unternehmer aus privaten Gründen (z.B. Jagdhund) hält. Denn im Gegensatz zu § 105 SGB VII (vgl. dort Abs. 1 S. 1) kommt es für die Haftungsfreistellung des Unternehmers hier nicht darauf an, dass er den Arbeitsunfall durch eine betriebliche Tätigkeit verursacht hat. Ebenso gilt dies für einen Außenstehenden, der sich in den Fremdbetrieb eingegliedert hat und Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 2 SGB VII genießt.
Rz. 106
Schwierige Vorfragen können sich dann ergeben, wenn Tierhalter und Unternehmer nicht identisch sind. Schließt z.B. eine Gemeinde über den ihr gehörenden Zuchtbullen mit einem Landwirt einen Vertrag dahingehend ab, dass das Tier von diesem in Pflege genommen wird, so bleibt die Gemeinde Tierhalter. Der Landwirt ist landwirtschaftlicher Unternehmer. Wird ein Arbeitnehmer des Landwirts durch das Tier verletzt oder getötet, so kann er sich gegenüber Schadensersatzansprüchen auf § 14 SGB VII berufen.
Rz. 107
Versicherungsschutz in der Gesetzlichen Unfallversicherung besteht auch wegen der erheblichen Reichweite des Unternehmerbegriffs (Rdn 135 ff.) auch in den Fällen des nicht gewerbsmäßigen Haltens von Reittieren (§ 658 Abs. 2 Nr. 2 RVO a.F.). Halter eines Reittiers ist, wer im eigenen Interesse die Sorge für das Tier nicht nur zu einem ganz vorübergehenden Zweck, sondern für eine gewisse Dauer übernommen hat, ohne dass es auf die Eigentumsverhältnisse ankommt. Im Zusammenhang damit stellt sich die Frage, ob der bei der Tierpflege usw. Helfende (Außenstehender) Versicherungsschutz nach § 1 Abs. 2 S. 1 SGB VII genießt, wenn er durch Verschulden des Halters oder verursacht durch das Tier einen Unfall erleidet. Bejahendenfalls gilt der Helfende als in den "Halterbetrieb" eingegliedert mit der Folge, dass sich der Halter auf das Haftungsprivileg berufen kann.
Rz. 108
Für den Versicherungsschutz und die Eingliederung gelten die gleichen Voraussetzungen wie bei der Pannenhilfe; hierauf wird verwiesen (Rdn 88 ff.).
Rz. 109
Vor allem aber muss sich die Hilfe bei der Haltung des Reittiers als wirtschaftlich erhebliche Tätigkeit darstellen. Verrichtet z.B. eine Person an dem Pferd eine Tätigkeit, die nur den Charakter einer Freizeitbeschäftigung hatte, genügt dies nicht.