Prof. Dr. Günther Schneider
Rz. 110
Das Haftungsprivileg setzt auf Seiten des Verunglückten das Vorliegen der Versicherteneigenschaft voraus.
Rz. 111
Dies führt zu der Frage, ob ein Schädiger, der punktuell, spontan oder kurzfristig im Unfallunternehmen tätig ist und hierbei einen Arbeitnehmer dieses Betriebes verletzt, nach den §§ 104, 105 SGB VII von der Haftung frei ist. Dem ist nicht so. Der Schädiger muss nach § 105 Abs. 1 SGB VII Betriebsangehöriger sein, in der Regel also arbeitsvertraglich an das Unternehmen gebunden sein und allen sich hieraus ergebenden Pflichten unterliegen. Ein außenstehender Dritter kann demnach als Schädiger nur dann in den Unfallbetrieb eingegliedert sein, wenn er ähnlich einem "echten" Betriebsangehörigen tätig geworden ist. Die Rechtsprechung verlangt daher für die Eingliederung des Schädigers, dass er bei seiner Tätigkeit der Direktions- und Weisungsbefugnis sowie der Fürsorgepflicht des für ihn fremden Unternehmens wie ein eigener Arbeitnehmer unterliegt.
Rz. 112
Zwar ist das Bestehen eines Direktionsrechts für die Frage, ob der Geschädigte in den Betrieb des in Anspruch genommenen Unternehmers eingegliedert war und für diesen die Haftungsfreistellung des § 104 SGB VII bestand, unerheblich. Ausweislich der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung ist die Weisungs- und Direktionsbefugnis des Unternehmers allerdings im Rahmen des § 105 SGB VII für die Beantwortung der Frage ausschlaggebend, ob der Schädiger als Betriebsangehöriger in den Unfallbetrieb eingegliedert und daher Mitarbeiter des Geschädigten war.
Rz. 113
Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs stellt die Eingliederungsvoraussetzungen für den Schädiger in aller Klarheit dar. Der eine Baustelle beliefernde Transportfahrer wird nicht dadurch zum eingegliederten "Betriebsangehörigen" einer am Bau arbeitenden Firma, wenn er an der Baustelle die Anweisungen der örtlichen Bauleitung zu beachten hat. Dies bedeutet nämlich keine Unterstellung unter die Direktions- und Weisungsbefugnis der Fremdfirma, sondern ist Ausdruck der schuldrechtlichen Pflichten aus dem Liefervertrag.
Rz. 114
Für die Eingliederung des Schädigers ist es ohne Belang, ob sich der Unfallversicherungsschutz aus § 2 Abs. 1 oder aus Abs. 2 SGB VII ergibt.
Rz. 115
Allerdings werden an das Vorliegen einer Eingliederung des Schädigers erheblich strengere Anforderungen als für den Geschädigten gestellt. Dies hat praktische Relevanz: Wird dies verkannt, verzögert und erschwert sich die Schadensregulierung unnötig.