Prof. Dr. Günther Schneider
Rz. 116
Die Voraussetzungen für die Eingliederung des Schädigers liegen bei den sog. Leiharbeitnehmern grundsätzlich vor (Arbeitnehmerüberlassungsgesetz [AÜG] bzw. vorübergehende Überlassung eigener Beschäftigter gemäß § 133 Abs. 2 SGB VII). Es handelt sich um Arbeitnehmer, die von ihrem Arbeitgeber (Stammunternehmer) unter Aufrechterhaltung des Arbeitsvertrags einem anderen Unternehmer (weiterer Unternehmer) vorübergehend zur Verfügung gestellt sind und die sich in der Art eines eigenen Arbeitnehmers in den Betrieb des Entleihers eingegliedert haben und damit auch zu dessen Beschäftigten geworden sind. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgericht ist die Arbeitnehmerüberlassung "durch eine spezifische Ausgestaltung der Vertragsbeziehungen zwischen Verleiher und Entleiher einerseits (dem Arbeitnehmerüberlassungsvertrag) und zwischen Verleiher und Arbeitnehmer andererseits (dem Leiharbeitsvertrag) sowie durch das Fehlen einer arbeitsvertraglichen Beziehung zwischen Arbeitnehmer und Entleiher gekennzeichnet"; sie umfasst notwendig die Verpflichtung des Verleihers gegenüber dem Entleiher, diesem zur Förderung von dessen Betriebszwecken Arbeitnehmer zur Verfügung zu stellen.
Rz. 117
Es ist anerkannt, dass Arbeitnehmer, die von ihrem Stammbetrieb – wenn auch nur vorübergehend – in den Unfallbetrieb entsandt worden sind, ohne Rücksicht auf die zivilrechtliche Qualifizierung ihres Verhältnisses zu dem "entleihenden" Unfallbetrieb Unfallversicherungsschutz auch in diesem Unternehmen genießen.
Rz. 118
Für den Begriff der Eingliederung kommt es darauf an, ob die Weisungsbefugnis des entleihenden Unternehmers nach Art des Verhältnisses zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ausgestaltet ist oder ob es sich lediglich darum handelt, dass der Arbeiter in dem fremden Betrieb eine Arbeit leistet, die grundsätzlich in den Tätigkeitsbereich seines eigenen Betriebes hineinfällt, aber örtlich an den Bereich des fremden Unternehmens gebunden ist.
Rz. 119
Handelt es sich um eine in den Kreis des eigenen Betriebs fallende Tätigkeit, so wird regelmäßig der fremde Unternehmer, der Kunde des Stammunternehmers ist oder mit ihm in irgendwelchen vertraglichen Beziehungen steht, arbeitsbezogene Anweisungen an den Arbeiter geben. Hier steht der Arbeiter im fremden Betrieb anstelle seines Arbeitgebers; er empfängt die Wünsche des Kunden, die die Durchführung der Arbeit betreffen. Damit erlangt aber der Dritte, d.h. der fremde Unternehmer nicht die erforderliche arbeitgeberähnliche Position gegenüber dem Arbeiter. Auch wenn ein selbstständiger Unternehmer in einem fremden Betrieb arbeitet, wird regelmäßig nur dann eine Eingliederung in diesen Betrieb in Betracht kommen, wenn die von ihm geleistete Arbeit außerhalb des Betriebskreises seines eigenen Unternehmens liegt.
Rz. 120
Auch wenn der fremde Unternehmer für den Arbeiter bestimmte Sicherungsvorkehrungen trifft, erfüllt er damit nur seine eigene Sicherungspflicht in seinem Betrieb gegenüber dem fremden, dort tätigen Arbeiter. Er erfüllt damit keine Fürsorgeaufgabe, die ihn als Arbeitgeber trifft. Vielmehr handelt es sich um eine allgemeine Verkehrssicherungspflicht und eventuell um die Erfüllung vertraglicher Pflichten, die er aufgrund der Rechtsbeziehungen zu dem Stammunternehmer des Arbeiters zugunsten des in seinem Betrieb arbeitenden Arbeiters des anderen Unternehmers hat.
Rz. 121
Tiefbauunternehmen, die im Auftrag der Bahn auf bahneigenem Gelände unter Aufsicht eines Beamten der Bahn Gleisbauarbeiten durchführen, führen stets Tätigkeiten aufgrund eines Werkvertrags aus, welche die Arbeiter im Interesse ihres eigenen Unternehmens und für dessen Rechnung ausführen. Ein Leiharbeitsverhältnis kommt hierbei nicht infrage.
Rz. 122
Über die Art der Durchführung derartiger Gleisbauarbeiten wird auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 31.1.1961 verwiesen, in der auch auf die technischen Einzelheiten eingegangen wird. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist einhellig. Selbstverständlich kommt es auch vor, dass die Bahn in eigener Regie Gleisbauarbeiten außerhalb eines Werkvertrags mit Arbeitern von Tiefbaufirmen durchführt. Diese Fälle sind entsprechend den Vorschriften über Leiharbeiter zu behandeln.
Weitere Fälle:
Rz. 123
Stellt ein Unternehmer ein Kraftfahrzeug mit Bedienungspersonal zur Verfügung, um einen zu einem anderen Unternehmen gehörenden Fahrzeug in einem schwierigen Fahrmanöver Hilfe zu leisten, so liegt eine Eingliederung der Hilfskräfte in den fremden Betrieb in der Regel nicht vor.
Rz. 124
Wenn ein Baggerführer zusammen mit einem Bagger vermietet wird, so kommt es für die Anwendbarkeit der §§ 104, 105 SGB VII (§§ 636, 637 RVO a.F.) darauf an, ob das Personal in den Betrieb des Mieters eingegliedert ist.
Rz. 125
Wenn der Vermieter mit seinem Kran eine besonders schwierige Hebearbeit als Spezialfirma übernimmt, so handelt es sich im Wesentlichen um einen Dienst- und Werkvertrag der vermieteten Firma. In diesem Fall k...