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Ein Steuerbescheid ist auch dann zu berichtigen, wenn ein neuer Sachverhalt (nicht aber eine Änderung der Rechtsprechung)[47] eintritt, der steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat. Dies ist bei den laufend veranlagten Steuern eher der Ausnahmefall, da die erforderlichen Anpassungen in aller Regel erst im jeweils laufenden Besteuerungszeitraum vorgenommen werden können. Ein Beispiel für ein rückwirkendes Ereignis ist, dass der Ehemann getrennt zur Einkommensteuer veranlagt worden ist, § 26a EStG, da die Ehefrau die getrennte Veranlagung gewählt hatte; im Zuge der Steuerfestsetzung gegen die Ehefrau widerruft diese ihren Antrag auf getrennte Veranlagung nach § 26 Abs. 2 EStG. In diesem Fall ist der Einkommensteuerbescheid des Ehemannes nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO aufzuheben, und die Eheleute sind gem. § 26b EStG zusammen zu veranlagen.[48]
Nach § 175 Abs. 2 S. 2 AO ist die nachträgliche Vorlage einer Bescheinigung nicht als rückwirkendes Ereignis i.S. dieser Vorschrift zu sehen. In der Gesetzesbegründung nicht ausgesprochener Grund für diese Regelung war die Sorge der Finanzverwaltung, im Rahmen der Umsetzung der "Manninen-Entscheidung" des EuGH unkalkulierbaren Haushaltsrisiken durch eine nachträgliche Anrechnung ausländischer Körperschaftsteuer auf die Einkommensteuer des inländischen Gesellschafters während der Geltung des Körperschaftsteueranrechnungsverfahrens im Inlandsfall, d.h. von 1977–2001, ausgesetzt zu sein.[49] Soweit das Gesetz für die erstmalige Anwendung auf den Tag der Dritten Lesung im Bundestag abstellt, liegt eine echte Rückwirkung vor, die mangels angemessener Übergangsfrist europarechtswidrig ist.[50]
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