Rz. 180
Die ZPO sieht in unterschiedlichen Kontexten vor, dass der Antragsteller eine Versicherung abgeben kann. Diese Versicherungen finden ihre Aufnahme im Antrag auf Erlass des Pfändungsbeschlusses oder des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses nach Anlage 4 zur ZVFV, obwohl sie nicht nur gegenüber dem Vollstreckungsorgan, sondern zumindest auch gegenüber dem Drittschuldner abgegeben werden. Die freie Zeile zeigt dabei, dass die Aufzählung der Versicherungen nicht abschließend ist.
Rz. 181
Der Rahmen sieht dabei zunächst die Versicherung der ordnungsgemäßen Bevollmächtigung i.S.d. § 753a ZPO vor. Zu sehen ist, dass die Erklärung nach § 753a ZPO sich schon nach ihrem Wortlaut nicht auf die Verfahrensvollmacht beschränkt, während § 81 ZPO dem Wortlaut nach nur die Prozess- bzw. Verfahrensvollmacht betrifft. Das liegt auch daran, dass § 81 ZPO eine fiktive Außenvollmacht regelt, während § 753a ZPO die tatsächlich erteilte Vollmacht betrifft. Insoweit deckt die Versicherung auch das Vorliegen einer Geldempfangsvollmacht ab, ohne dass es beim Antrag auf Erlass des Pfändungsbeschlusses oder des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses hierauf ankäme. Wer also die Versicherung nach § 753a ZPO abgibt, muss weder eine Verfahrens- noch eine Geldempfangsvollmacht vorlegen.
Dies ergibt sich auch aus der Gesetzesbegründung zu § 753a ZPO und entspricht zusätzlich der Auffassung des Verordnungsgebers, d.h. des BMJ. Die dem entgegenstehende Auffassung im Hinweisblatt des BMJ ist – jedenfalls soweit Rechtsanwälte, Verbraucherschutzverbände und Inkassodienstleister nach § 79 Abs. 2 S. 1 sowie Abs. 2 S. 2 Nr. 3 und 4 ZPO betroffen sind – unverbindlich und steht mit der Rechtslage nicht im Einklang, wie durch den BGH inzwischen höchstrichterlich festgestellt ist. Insoweit ist es schon bedenklich, dass die Hinweisblätter des BMJ noch immer online sind. Sie widerspricht ebenfalls der zutreffenden Praxis der überwiegenden Zahl der Gerichtsvollzieher. Sie macht letztlich vor dem Hintergrund der mit § 753a ZPO gewollten Verfahrensvereinfachung und der Digitalisierung auch keinen Sinn, wenn dementgegen die Vorlage bestimmter Unterlagen doch wieder verwandt wird. Kaum vermittelbar ist auch, dass bei einem vereinfachten Auftrag nach § 754a ZPO zwar der im Zentrum der Vollstreckung zu sehende Vollstreckungstitel als elektronisches Dokument vorgelegt werden kann, nicht aber die Geldempfangsvollmacht. Dies gilt umso mehr, wenn ohne jede normative Grundlage die Auffassung vertreten wird, die Vollmacht müsse "aktuell" sein. In § 752a ZPO-E des Gesetzes zur weiteren Digitalisierung der Zwangsvollstreckung sieht der Gesetzgeber deshalb auch explizit vor, dass die Wirkung der Vollmacht erst mit der Anzeige des Erlöschens der Vollmacht bei dem Vollstreckungsorgan entfällt. Weder die §§ 164 ff. BGB noch die zivilprozessualen Regelungen kennen nämlich ein allgemeines Verfallsdatum einer Vollmacht. Vielmehr ist der Wegfall der Bevollmächtigung dort explizit für bestimmte Fälle geregelt. Der reine Zeitablauf gehört nicht dazu. Da Verfahrensvollmacht und Geldempfangsvollmacht regelmäßig in einer Urkunde erteilt werden, liefe § 753a ZPO ins Leere. Die mangelnde Notwendigkeit einer Differenzierung zeigt sich gerade auch beim Gerichtsvollzieher, der regelmäßig keine großen Beträge einzieht und weiterzuleiten hat, sodass das praktische Risiko, an einen die Geldempfangsvollmacht versichernden, aber trotzdem nichtberechtigten Rechtsdienstleister auszuzahlen, minimal ist. Fälle, in denen eine Auszahlung an einen Nichtberechtigten trotz Versicherung in der Vergangenheit vorgekommen sind, lassen sich der Rechtsprechung jedenfalls auch nicht entnehmen.
Hinweis
Wer hier unnötigen und sachlich nicht zu rechtfertigenden "Sand ins Getriebe der Zwangsvollstreckung streut", trägt seinen Teil dazu bei, dass Gläubiger und ihre Bevollmächtigten vor dem Hintergrund eines überbordenden Formalismus andere Wege der Forderungseinziehung außergerichtlich und im materiellen Recht suchen, bei denen der Schutz des Schuldners weit weniger ausgeprägt ist. Regelungen müssen auch vor dem Hintergrund von Notwendigkeiten angewandt werden. Dort, wo aus der praktischen Erfahrung heraus kein Missbrauch zu sehen ist, kann getrost einem pragmatischen Vorgehen der Vorzug gegeben werden. Die in einem gerichtlichen Verfahren bestätigte Berechtigung einer Forderung muss in der Zwangsvollstreckung auch durchgesetzt werden. Die wirtschaftliche und soziale Existenz des Schuldners muss dabei geschützt werden, nicht aber der Formalismus um seiner selbst willen. Auch steht dem Vollstreckungsorgan aufgrund der Titulierung der Forderung kein Werturteil über den Gläubiger mehr zu.
Die 2. ÄndVO hat hier keine Ergänzungen gebracht, was verwundert.
Hinweis
Mit dem Gesetz zur weiteren Digitalisierung der Zwangsvollstreckung wird der Gesetzgeber in § 752a ZPO-E die Versicherung der Verfahrensvollmacht und in § 753a ZPO-E die Versicherung der Geldempfangsvollmacht für die Rechtsanwält...