Rz. 438
Mit der Begründung des Berufungsgerichts konnte ein Anspruch der Klägerin auf Ersatz des von ihr an W. gezahlten Arbeitslosengeldes und der von ihr aufgebrachten Kosten der beruflichen Rehabilitation nicht verneint werden.
Rz. 439
Das Berufungsgericht war allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass W. infolge des vom Beklagten durch Unachtsamkeit herbeigeführten Verkehrsunfalls vom 20.4.1999 ein Anspruch auf Ersatz der von ihm hierbei erlittenen Schäden aus § 823 Abs. 1, §§ 249, 842 f. BGB entstanden ist. Dieser Anspruch umfasst den Ersatz sowohl der wirtschaftlichen Beeinträchtigungen, die W. erlitten hat, weil und soweit er seine Arbeitskraft verletzungsbedingt nicht verwerten kann, als auch der Kosten, die der Aktivierung seiner verbliebenen Arbeitskraft dienen.
Rz. 440
Zu Recht hatte das Berufungsgericht auch angenommen, dass dieser Anspruch gemäß § 116 Abs. 1 S. 1, Abs. 10 SGB X auf die Klägerin übergegangen war, soweit diese sachlich und zeitlich kongruente Leistungen an W. erbracht hat.
Rz. 441
Nicht frei von Rechtsfehlern waren allerdings die Erwägungen zum Zeitpunkt des Anspruchsübergangs. Das Berufungsgericht hatte aus dem Blick verloren, dass Gegenstand des mit der Klage verfolgten Anspruchs auch das von der Klägerin an W. gezahlte Arbeitslosengeld war. Hinsichtlich des Zeitpunkts des Anspruchsübergangs ist aber zwischen den unabhängig von einem Sozialversicherungsverhältnis erbrachten Leistungen der Klägerin – insbesondere zur Teilhabe am Arbeitsleben – und den aufgrund eines Sozialversicherungsverhältnisses erbrachten Entgeltersatzleistungen in Form des Arbeitslosengeldes zu differenzieren.
Rz. 442
Gemäß § 116 Abs. 1 S. 1 SGB X geht ein auf anderen gesetzlichen Vorschriften beruhender Anspruch auf Ersatz eines Schadens auf den Versicherungsträger über, soweit dieser aufgrund des Schadensereignisses Sozialleistungen zu erbringen hat, die der Behebung eines Schadens der gleichen Art dienen (sachliche Kongruenz) und sich auf denselben Zeitraum wie der vom Schädiger zu leistende Schadensersatz beziehen (zeitliche Kongruenz). Dabei knüpft der Forderungsübergang an die Leistungspflicht des Sozialversicherungsträgers an ("zu erbringen hat") und nicht an tatsächlich erbrachte Leistungen. Gemäß § 116 Abs. 10 SGB X gilt die Bundesagentur für Arbeit als Versicherungsträger im Sinne dieser Vorschrift.
Rz. 443
Hinsichtlich des Zeitpunkts des Anspruchsübergangs ist zu differenzieren. Bei Sozialleistungen, die aufgrund eines Sozialversicherungsverhältnisses zu erbringen sind, findet der in § 116 Abs. 1 SGB X normierte Anspruchsübergang in aller Regel bereits im Zeitpunkt des schadenstiftenden Ereignisses statt, sofern das Versicherungsverhältnis schon zu diesem Zeitpunkt besteht. In diesem Fall ist bereits im Augenblick des schadenstiftenden Ereignisses die mögliche Leistungspflicht eines Sozialversicherungsträgers für die Beteiligten hinreichend klar überschaubar. Besteht das Versicherungsverhältnis zum Zeitpunkt des Unfalls noch nicht, erfolgt der Anspruchsübergang (frühestens) dann, wenn es begründet wird. Denn das Sozialversicherungsverhältnis ist das besondere Band, das den Boden für den Forderungsübergang schafft.
Rz. 444
Anderes gilt für Sozialleistungen, deren Gewährung nicht an das Bestehen eines Sozialversicherungsverhältnisses, sondern an andere Voraussetzungen gebunden ist, wie dies bei Leistungen des Sozialhilfeträgers und den von der Bundesagentur für Arbeit zu erbringenden Rehabilitationsleistungen der Fall ist. Hier muss das Versicherungsverhältnis, das in der oben dargestellten Fallgruppe die Grundlage für den Forderungsübergang legt, durch andere Umstände ersetzt werden, die auf die Pflicht zur Erbringung künftiger Sozialleistungen schließen lassen. Für den Rechtsübergang ist deshalb erforderlich, dass nach den konkreten Umständen des jeweiligen Einzelfalls eine Leistungspflicht ernsthaft in Betracht zu ziehen ist.
Rz. 445
Maßgeblich für die Differenzierung ist mithin der Grund der Leistungserbringung und nicht der Träger der Leistung. Anders ist das Senatsurteil vom 24.4.2012 (VI ZR 329/10, VersR 2012, 924) im Gesamtzusammenhang auch nicht zu verstehen. Dem ist insbesondere bei Leistungen der Bundesagentur für Arbeit Rechnung zu tragen, der eine Zwitterstellung zukommt. Ein Teil ihrer Leistungen setzt ein Sozialversicherungsverhältnis voraus, während andere unabhängig davon erbracht werden.
Rz. 446
Nach diesen Grundsätzen sind die Schadensersatzansprüche des W. jedenfalls insoweit bereits im Unfallzeitpunkt auf die Klägerin übergegangen, als diese sachlich und zeitlich kongruente Leistungen zur Förderung der Teilhabe des W. am Arbeitsleben und diese ergänzende Leistungen gemäß §§ 97 ff. SGB III a.F. zu erbringen hat(te).
Rz. 447
Wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, hatte die Klägerin diese Leistungen nicht aufgrund eines bestehenden Sozialversicherungsverhältnisses, sondern wegen der unfall- und dadurch behinderungsbedingt eingetretenen Unterstützungs-, Förder- und Rehabilit...