Dr. Stephan Pauly, Michael Pauly
Rz. 48
§ 17 Abs. 3 KSchG unterscheidet zwischen Angaben, die in der Anzeige enthalten sein müssen und solchen, die in ihr enthalten sein sollen.
I. Muss-Inhalt
Rz. 49
Die Anzeige muss gem. § 17 Abs. 3 S. 4 KSchG Angaben über den Namen des Arbeitgebers, den Sitz und die Art des Betriebs enthalten, ferner die Gründe für die genannten Kündigungen, die Zahl und die Berufsgruppen der zu Kündigenden und der i.d.R. beschäftigten Arbeitnehmer, den Zeitpunkt, an dem die Kündigungen ausgesprochen werden sollen und die vorgesehenen Kriterien für die Auswahl der zu kündigenden Arbeitnehmer. Eine Individualisierung der betroffenen Arbeitnehmer ist nicht erforderlich. Folge der fehlenden bzw. fehlerhaften Muss-Angabe ist grundsätzlich die Unwirksamkeit der Anzeige. Die falsche Angabe der Zahl der im Betrieb regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer führt jedenfalls dann zur Unwirksamkeit der Anzeige, wenn die Agentur für Arbeit dadurch in ihrer sachlichen Prüfung beeinflusst wurde. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn die Agentur für Arbeit aufgrund der Angaben des Arbeitgebers davon ausgeht, dass eine sachliche Prüfung der erstatteten Anzeige nicht erforderlich sei. Damit wird sie durch die fehlerhafte Angabe in ihrer sachlichen Prüfung beeinflusst.
Rz. 50
Praxishinweis
Fehlt auch nur eine dieser Angaben, ist die Anzeige unwirksam! Liegt zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung eine wirksame Massenentlassungsanzeige nicht vor, so dass die Kündigung vor Erstattung der notwendigen Anzeige erklärt wurde, führt dies zur Nichtigkeit der Kündigung nach § 134 BGB.
Rz. 51
Auch eine vorsorgliche Anzeige muss die in § 17 Abs. 2 S. 4 KSchG vorgeschriebenen Angaben enthalten.
II. Soll-Inhalt
Rz. 52
In der Anzeige sollen gem. § 17 Abs. 3 S. 5 KSchG ferner im Einvernehmen mit dem Betriebsrat für die Arbeitsvermittlung Angaben über Geschlecht, Alter, Beruf und Staatsangehörigkeit der zu entlassenden Arbeitnehmer gemacht werden.
Rz. 53
Praxishinweis
Empfohlen wird eine namentliche Liste der Arbeitnehmer, die gekündigt werden sollen. Zur Vermeidung von Rechtsnachteilen ist es zulässig, diese Angaben mit dem Vorbehalt zu versehen, dass sich der Plan für die Kündigungen noch ändern kann.
Die Namensliste mit den ergänzenden Angaben ist nicht Voraussetzung für die Wirksamkeit der Anzeige. Sie kann auch nachgereicht werden.
III. Schriftform
Rz. 54
Die Anzeige ist schriftlich zu erstatten. Schriftform meint allerdings nicht die Schriftform i.S.d. § 126 BGB, sodass Textform i.S.d. § 126b BGB ausreicht, die Unterschrift damit nicht von Relevanz ist. Das Fehlen der Unterschrift unter der Massenentlassungsanzeige führt daher nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung nach § 134 BGB. Die Anforderungen an die schriftliche Übermittlung der Massenentlassungsanzeige sind durch eine Fax-Übermittlung hinreichend erfüllt. Wird das Faxschreiben vom Geschäftsführer eigenhändig unterzeichnet, genügt es der in § 17 KSchG vorgesehenen Schriftlichkeit. Es gelten auch insoweit die Ausführungen zum Schriftformerfordernis bei der Unterrichtung des Betriebsrats im Rahmen des Konsultationsverfahrens. Auch bei der Massenentlassungsanzeige liegt keine rechtsgeschäftliche Willenserklärung vor, so dass die elektronische Form der Übermittlung genügt. Dementsprechend sieht auch die Durchführungsanweisung der Bundesagentur für Arbeit zu den Abschnitten 3 und 4 des Kündigungsschutzgesetzes die Möglichkeit der Erstattung der Anzeige per Fax vor. Der Arbeitgeber kann sich eines Bevollmächtigten bedienen. Eine telefonische oder mündliche Anzeige genügt nicht.
Rz. 55
Praxishinweis
Wir empfehlen die Verwendung der von der Bundesagentur für Arbeit bereitgestellten Vordrucke für anzeigepflichtige Entlassungen:
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Anzeige von Entlassungen |
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Anlage zur Anzeige von Entlassungen |
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Liste der zur Entlassung vorgesehenen Arbeitnehmer |
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Antrag auf Anerkennung als Ausnahmebetrieb |
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Bis zu einer höchstrichterlichen Entscheidung zum Schriftformerfordernis des § 17 Abs. 3 S. 2 KSchG ist anzuraten, die Anzeige in schriftlicher Form mit Originalunterschrift einer vertretungsberechtigten Person zu nutzen. |