Dr. Stephan Pauly, Michael Pauly
Rz. 29
Nach § 17 Abs. 2 S. 1 KSchG hat der Arbeitgeber den Betriebsrat rechtzeitig zu unterrichten, falls er beabsichtigt, nach § 17 Abs. 1 KSchG anzeigepflichtige Kündigungen vorzunehmen. Die Anzeige hat schriftlich und rechtzeitig vor den beabsichtigten Kündigungen zu erfolgen. Hat der Arbeitgeber die von § 17 Abs. 2 S. 1 KSchG geforderten Angaben in einem nicht unterzeichneten Text dokumentiert und diesen dem Betriebsrat zugeleitet, genügt die abschließende Stellungnahme des Betriebsrats zu den Entlassungen, um einen etwaigen Schriftformverstoß zu heilen. In der Anzeige hat der Arbeitgeber dem Betriebsrat die zweckdienlichen Auskünfte zu erteilen und ihn über die Gründe für die geplanten Kündigungen, die Zahl und die Berufsgruppen der Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, die Zahl und die Berufsgruppen der i.d.R. beschäftigten Arbeitnehmer, das Datum, an dem die Kündigung ausgesprochen werden soll, die vorgesehenen Kriterien für die Auswahl der zu kündigenden Arbeitnehmer und die für die Berechnung etwaiger Abfindungen vorgesehenen Kriterien zu unterrichten. Außerdem hat er weitere zweckdienliche Auskünfte zu erteilen, wie z.B. den geplanten Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
Rz. 30
Die Unterrichtung muss schriftlich erfolgen. Längere Zeit nahm das überwiegende Schrifttum an, die Unterrichtung habe den Anforderungen des § 126 Abs. 1 BGB gerecht zu werden. Dagegen urteilte bereits das LAG Berlin-Brandenburg, dass die Unterrichtung des Betriebsrats bei Fax-Übersendung schriftlich i.S.v. § 17 Abs. 2 S. 1 KSchG erfolgt. Eines Zugangs des Schreibens beim Betriebsrat mit Originalunterschrift bedarf es nicht. Für diese Auffassung spricht, dass nach der Rechtsprechung des BAG das in § 126 BGB vorgesehene Formerfordernis auf Rechtsgeschäfte beschränkt ist. Auf rechtsgeschäftsähnliche Erklärungen ist die Bestimmung nicht unmittelbar anzuwenden. Dies folgt aus dem systematischen Zusammenhang von § 126 BGB mit der schon ihrem Wortlaut nach nur für Rechtsgeschäfte geltenden Vorschrift des § 125 BGB und der Stellung beider Bestimmungen im Gesetzesabschnitt über "Rechtsgeschäfte" und dort im Titel "Willenserklärung". Die Unterrichtung des Betriebsrats nach § 17 Abs. 2 S. 1 KSchG ist keine Willenserklärung, für die das Schriftformerfordernis des § 126 BGB anzuwenden wäre. Mit ihr soll keine gerade und ausschließlich durch den Willen des Erklärenden hervorgerufene Rechtswirkung erzeugt werden, sondern sie ist allenfalls auf einen tatsächlichen Erfolg, nämlich die ordnungsgemäße Einleitung des Konsultationsverfahrens gerichtet. Eine analoge Anwendung von § 126 Abs. 1 BGB ist auf die Unterrichtung des Betriebsrats nach § 17 Abs. 2 KSchG nicht geboten. Normzweck und Interessenlage verlangen nicht den Zugang eines vom Arbeitgeber eigenhändig unterzeichneten Schriftstücks beim Betriebsrat. Ausreichend ist es, wenn durch ein der Textform des § 126b BGB entsprechendes Schreiben die Unterrichtung des Betriebsrats über die in § 17 Abs. 2 Nr. 1 bis 6 KSchG genannten Punkte dokumentiert wird und dies als Grundlage für die Konsultationen zwischen den Betriebsparteien dient. Vollständigkeit, inhaltlicher Abschluss der Erklärung sowie Identität des Ausstellers lassen sich hier auch ohne Zugang einer Information mit Originalunterschrift unmissverständlich kenntlich machen.
Nach Auffassung des BAG genügt jedenfalls dann, wenn die von § 17 Abs. 2 S. 1 KSchG verlangten Angaben gegenüber dem (Gesamt-)Betriebsrat in einem schriftlichen, wenn auch nicht unterzeichneten Text dokumentiert wurden, die abschließende Stellungnahme des (Gesamt-)Betriebsrats, um einen eventuellen Schriftformverstoß zu heilen. Dafür spricht der Zweck des Unterrichtungserfordernisses. Die Arbeitnehmervertretung soll konstruktive Vorschläge unterbreiten können, um die Massenentlassung zu verhindern oder einzuschränken. Bringt das Gremium, dem die Angaben nach § 17 Abs. 2 S. 1 KSchG in einem schriftlich abgefassten Text deutlich vor Augen geführt wurden, selbst zum Ausdruck, dass es sich für ausreichend unterrichtet hält, drückt es damit zugleich aus, dass es keine weiteren Vorschläge unterbreiten kann oder will. Die Arbeitnehmervertretung will in einem solchen Fall gerade nicht die Zweiwochenfrist des § 17 Abs. 3 S. 3 KSchG ausschöpfen.
In neuerer Rechtsprechung hat das BAG klargestellt, dass die Unterrichtung nicht den Anforderungen des § 126 BGB genügen muss und die Textform i.S.d. § 126b BGB ausreicht. § 126 BGB findet weder direkt noch analog Anwendung. Die direkte Anwendung scheitert, weil § 126 BGB nicht für geschäftsähnliche Erklärungen gilt. Gegen eine analoge Anwendung sprechen der Zweck des § 17 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 KSchG und die Interessenlage, die ein eigenhändig vom Arbeitgeber unterzeichnetes Schriftstück nicht erforderlich machen.
Rz. 31
Gleichzeitig muss der Arbeitgeber eine Abschrift seiner an den Betriebsrat gerichteten Mitteilung der für den Betriebssitz zuständigen Agentur für Ar...