a) Information des Betriebsrats (§ 111 S. 1 BetrVG)
Rz. 731
Nach § 111 S. 1 BetrVG hat der Unternehmer in Unternehmen mit in der Regel mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern den Betriebsrat über geplante Betriebsänderungen, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zur Folge haben können, rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und die geplanten Betriebsänderungen mit dem Betriebsrat zu beraten. Betriebsänderungen sind die Einschränkung und Stilllegung des ganzen Betriebes oder von wesentlichen Betriebsteilen; die Verlegung des ganzen Betriebes oder von wesentlichen Betriebsteilen; der Zusammenschluss mit anderen Betrieben oder die Spaltung von Betrieben; grundlegende Änderungen der Betriebsorganisation, des Betriebszwecks oder der Betriebsanlagen sowie die Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren.
Nach ständiger Rechtsprechung des BAG muss der Unternehmer den Betriebsrat einschalten, bevor er darüber entschieden hat, ob und inwieweit die Betriebsänderung erfolgt. Dies bedeutet, dass das in §§ 111, 112 BetrVG vorgesehene Verfahren, also auch der Versuch eines Interessenausgleichs, noch in einem Stadium abgewickelt werden muss, in dem der Plan zur Betriebsänderung noch nicht, und zwar auch noch nicht teilweise verwirklicht ist. Daraus folgt, dass die Pflicht zur Unterrichtung bereits in der Phase der Planung einer wirtschaftlich unternehmerischen Maßnahme beginnt. Nur interne Vorüberlegungen reichen nicht. Vielmehr muss der Unternehmer den prinzipiellen Entschluss zur Vornahme der Betriebsänderung bereits gefasst haben. Dabei bedeutet rechtzeitig, dass der Betriebsrat eine Chance haben muss, auf die unternehmerische Maßnahme einzuwirken. Dies setzt voraus, dass sowohl die Beratung wie auch das Interessenausgleichs- und Sozialplanverfahren noch ohne Zeitdruck durchgeführt werden können. Die Unterrichtung des Betriebsrats muss daher zu einem Zeitpunkt erfolgen, wenn die Betriebsleitung den Beschluss zur Betriebsstilllegung gefasst hat, dieser aber einer Beratung durch und mit dem Betriebsrat noch zugänglich ist.
Die Unterrichtung des Betriebsrats muss umfassend und unaufgefordert erfolgen. Gegenstand der Unterrichtung sind die Ursachen und Gründe für die geplante Betriebsänderung, deren Umfang und Auswirkungen sowie die Gründe für ihre Zweckmäßigkeit. Der Betriebsrat muss aufgrund der mitgeteilten Informationen in die Lage versetzt werden, die durch die Betriebsänderung eintretenden wirtschaftlichen und sozialen Folgen voll zu überblicken.
b) Beratung mit dem Betriebsrat (§ 111 S. 2 BetrVG)
Rz. 732
Die umfassende Beratung mit dem Betriebsrat erfolgt unmittelbar im Anschluss an die Unterrichtung des Betriebsrats. Die Beratung dient der Klärung der Frage, ob die Durchführung der geplanten Betriebsänderung wirklich notwendig ist. Außerdem wird über die Bedingungen, unter denen die Betriebsänderung durchgeführt wird, und die damit verbundenen sozialen und personellen Auswirkungen beraten. Routinierte Betriebsräte versuchen, die Durchführung der Betriebsänderung dadurch zu verzögern, dass sie gegenüber dem Unternehmer auf der getrennten Durchführung von Unterrichtung, Beratung und Verhandlung bestehen. Die Informationsphase wird durch Nachfragen verlängert; dann werden endlos lange Beratungen verlangt, bevor in die eigentlichen Verhandlungen eingestiegen wird. Im "Normalfall" wird man ca. 2–4 Monate Dauer ansetzen müssen. Man kann das Verfahren zeitlich straffen, indem man Unterrichtung, Beratung und Verhandlung in einheitlichen Verhandlungsrunden abhandelt.
c) Durchführung des Interessenausgleichsverfahrens (§ 112 Abs. 1 und 2 BetrVG)
Rz. 733
Verhandlungsgegenstand des Interessenausgleichsverfahrens ist das "ob und wie" der Betriebsänderung. Es wird ausgehandelt, zu welchem Zeitpunkt, in welchem Ausmaß und in welcher Form die geplante Betriebsänderung durchgeführt werden soll.
Argumente der Geschäftsleitung bei den Interessenausgleichsverhandlungen sind z.B. Verluste und die dadurch begründete Notwendigkeit der kurzfristigen Einstellung einer Produktlinie als Voraussetzung für den Fortbestand des Unternehmens. Dagegen wird der Betriebsrat regelmäßig einwenden, es ginge ihm um die Erhaltung von Arbeitsplätzen. Der Arbeitgeber muss vor Beginn der Verhandlungen insbesondere Zahlen über die Geschäftsentwicklung, eine substantiierte Prognose über die weitere Entwicklung der stillzulegenden Betriebsabteilung und eine Gegenüberstellung der von der stillzulegenden Betriebsabteilung verursachten Verluste mit der Gewinn-/Verlustentwicklung des Gesamtunternehmens vorbereiten.
Die Interessenausgleichsverhandlungen sind beendet, wenn sich Arbeitgeber und Betriebsrat über das "ob und wie" der geplanten Betriebsänderung geeinigt haben. Kommt zwischen Unternehmer und Betriebsrat ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung zustande, so ist dieser schriftlich niederzulegen und vom Unternehmer und vom Betriebsrat zu unterschreiben. Kommt ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung nicht zustande, so können der Unternehmer oder der Betriebsrat den Vorstand der Bundesag...