Entscheidungsstichwort (Thema)
Beteiligungsbefugnis im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren. Kein Klagerecht des Betriebsrats für Ansprüche einzelner Betriebsratsmitglieder. Grundsätze zur Erforderlichkeit von Schulungsmaßnahmen für den Betriebsrat
Leitsatz (redaktionell)
1. Im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren ist von Amts wegen zu prüfen, welche Stellen zu beteiligen sind. Dabei kommt es auf die unmittelbare Betroffenheit in einer Rechtsposition an. Einzelne Betriebsratsmitglieder sind zu beteiligen, solange sie Inhaber von Freistellungs- und Kostenerstattungsansprüchen sind.
2. Der Betriebsrat verfolgt keine eigene Rechtsposition, wenn er einen Anspruch auf bezahlte Arbeitsbefreiung seiner Mitglieder geltend macht.
3. Für die Erforderlichkeit von Schulungsmaßnahmen für den Betriebsrat kommt es maßgeblich darauf an, ob es um die Vermittlung von Grundkenntnissen oder um andere Schulungsmaßnahmen geht. Im letzteren Fall muss ein aktueller, betriebsbezogener Anlass Grund zu der Annahme geben, dass die besonderen Kenntnisse von dem zu schulenden Betriebsratsmitglied tatsächlich benötigt werden.
Normenkette
BetrVG § 40 Abs. 1, § 37 Abs. 6, 2; ArbGG § 87 Abs. 2 S. 3 Hs. 2, § 81 Abs. 3 S. 1, § 83 Abs. 3
Verfahrensgang
ArbG Kaiserslautern (Entscheidung vom 15.08.2017; Aktenzeichen 8 BV 18/17) |
Tenor
- Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 15. August 2017, Az. 8 BV 18/17, wird zurückgewiesen.
- Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
A. Die Beteiligten streiten über die Freistellung von Schulungskosten, die dem Betriebsrat im Falle der Teilnahme aller fünf Betriebsratsmitglieder und eines Ersatzmitglieds an einer Schulung zum Thema "Betriebsverfassungsrecht Teil IV - Betriebsänderung, Interessenausgleich und Sozialplan" entstehen werden.
Die sog. Inhouse-Schulung soll an 3,5 Tagen ausschließlich für sechs Personen in einem Hotel in Kaiserslautern stattfinden. Der Seminaranbieter R. aus Berlin berechnet pro Tag eine Seminargebühr iHv. 1.500 EUR, Fahrtkosten für den Referenten von Berlin nach Kaiserslautern iHv. 290 EUR sowie Unterbringungskosten iHv. 357 EUR. Die Tagungspauschale pro Tag und Person, die zunächst mit 50 EUR veranschlagt war, soll sich zuletzt auf 65 EUR belaufen. Die Schulung sollte zunächst in der Zeit vom 29.08. bis zum 01.09.2017 stattfinden, später in der Zeit vom 16.01. bis zum 19.01.2018. Beide Termine wurden aufgehoben. Nunmehr soll die Schulung - zeitlich nach dem zweitinstanzlichen Anhörungstermin - in der Zeit vom 05.03. bis zum 08.03.2018 stattfinden.
Die Arbeitgeberin (Beteiligte zu 2) ist ein Textileinzelhandelsunternehmen mit bundesweit mehr als 400 Filialen, welche eigenständige Betriebe sind. Antragsteller (Beteiligter zu 1) ist der in der in Kaiserslautern gewählte Betriebsrat. Die Beteiligten zu 3) bis 7) sind die Mitglieder des fünfköpfigen Betriebsrats. Die Beteiligte zu 8) ist Ersatzmitglied. Die Amtsperiode des Betriebsrats endet am 30.05.2018. In der Filiale Kaiserslautern werden nicht mehr als 50 Arbeitnehmer beschäftigt, so dass bei der Neuwahl 2018 nur noch drei Betriebsratsmitglieder zu wählen sind.
Die Beteiligten zu 3) und 4) gehören dem Betriebsrat seit 2008 an. Sie besuchten in der Vergangenheit die sechs Seminare "Betriebsverfassungsrecht" Teil I bis III und "Arbeitsrecht" Teil I bis III bei dem Seminaranbieter W.A.F. Die Beteiligte zu 5) gehört dem Betriebsrat seit 2010 an. Sie besuchte ebenfalls die sechs Seminare "Betriebsverfassungsrecht" Teil I bis III und "Arbeitsrecht" Teil I bis III entweder bei dem Anbieter W. oder Inhouse. Die Beteiligte zu 6) gehört dem Betriebsrat seit 2010 an. Sie besuchte die vier Seminare "Betriebsverfassungsrecht" Teil I bis III und "Arbeitsrecht" Teil I". Die Beteiligte zu 7) gehört dem Betriebsrat seit 2014 an. Sie besuchte die fünf Seminare "Betriebsverfassungsrecht" Teil I bis III und "Arbeitsrecht" Teil I und II beim Anbieter W.. Die Beteiligte zu 8) ist seit 2014 Ersatzmitglied des Betriebsrats. Sie besuchte die fünf Seminare "Betriebsverfassungsrecht" Teil I bis III und "Arbeitsrecht" Teil I und II beim Anbieter W.. Sie wurde in der Vergangenheit häufig zu Sitzungen des Betriebsrats herangezogen, die einmal wöchentlich stattfinden.
Der Seminaranbieter R. beschreibt den Inhalt des Seminars "Betriebsverfassungsrecht IV" in seiner Ausschreibung wie folgt:
"Was ist eine Betriebsänderung?
- Voraussetzungen für eine Betriebsänderung
- Personalabbau und Stilllegung
- Verlegung des Betriebs
- Spaltung und Zusammenschluss
- Änderung der Betriebsorganisation oder Einführung neuer Arbeitsmethoden
Informations- und Beratungsrechte des BR
- Wann muss der AG den BR informieren?
- Wie muss der AG den BR informieren?
- Wie kann der BR sich durch einen Sachverständigen unterstützen lassen?
Der Interessenausgleich
- Was ist ein Interessenausgleich und was kann in ihm geregelt werden?
- Wo sind die Grenzen eines Interessenausgleichs?
- Welche Rolle spielt der Nachteilsausgleich und was passiert, wenn ...