Rz. 314
Der Kündigende muss berechtigt sein, die Kündigung auszusprechen. Bei einem Mehrpersonenarbeitgeber muss die Kündigung von allen Erklärungsberechtigten gemeinsam erklärt werden. Anderenfalls ist sie unwirksam. Die Berechtigten können sich jedoch gegenseitig bzw. einer den anderen zur Abgabe der Kündigungserklärung ermächtigen. Der Bevollmächtigte, auch der Rechtsanwalt, muss gem. § 174 BGB immer eine schriftliche Originalvollmacht vorlegen. Eine Kopie ist nicht ausreichend.
Rz. 315
Vertreten zwei Personen den Arbeitgeber nach außen gemeinsam (Gesamtvertretung), ist auf jede dieser Personen § 174 BGB anwendbar. Ist der Arbeitnehmer bezüglich einer Person vom Vollmachtgeber nicht von dessen Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt worden, ist die Kündigung allein deswegen unwirksam, wenn der Arbeitnehmer wegen der mangelnden Vollmachtsvorlage die Kündigung unverzüglich zurückgewiesen hat. Unterzeichnen das Kündigungsschreiben ein Prokurist, der nach der Eintragung in das Handelsregister über Gesamtprokura gemeinsam mit einem Geschäftsführer und einem anderen Prokuristen verfügt, mit dem Zusatz "ppa" und weiter ein Personalsachbearbeiter mit Handlungsvollmacht mit dem Zusatz "i.V.", ist die Kündigung nach § 174 BGB unwirksam. Dies gilt auch dann, wenn der Prokurist als Leiter der Personalabteilung im Innenverhältnis berechtigt ist, Kündigungserklärungen ohne Beteiligung eines Geschäftsführers oder Prokuristen auszusprechen, es sei denn, der gekündigte Arbeitnehmer wurde vorher von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt. Ist in einem Unternehmen die Personalabteilung bei einem Konzernunternehmen konzentriert, kann für einen Niederlassungsleiter, dem 23 Arbeitnehmer unterstehen, nicht angenommen werden, dass er schon aufgrund seiner Stellung zur Kündigung berechtigt ist. Ein Aushang über die Bevollmächtigung für Kündigungen am schwarzen Brett ist nicht ohne Weiteres ausreichend für das Inkenntnissetzen i.S.d. § 174 S. 2 BGB.
Rz. 316
Eine arbeitgeberseitige Kündigung ist gem. § 174 S. 1 BGB unwirksam, wenn ihr keine Vollmachtsurkunde beigefügt ist und der/die gekündigte die Kündigung deswegen unverzüglich zurückgewiesen hat. Das Zurückweisungsrecht ist nicht nach § 174 S. 2 BGB ausgeschlossen, wenn der Arbeitgeber den Gekündigten über das Kündigungsrecht des Kündigenden nicht ausreichend in Kenntnis gesetzt hat. Nach § 174 S. 1 BGB ist ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grund unverzüglich zurückweist. Das Zurückweisungsrecht ist nach § 174 S. 2 BGB nur dann ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber dem Erklärungsempfänger die Bevollmächtigung vorher mitgeteilt hat. Folge der Zurückweisung nach § 174 S. 1 BGB ist – unabhängig vom Bestehen der Vollmacht – die Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts. Eine Heilung oder Genehmigung nach § 177 BGB scheidet aus.
Rz. 317
Die bloße Kundgabe des Personenkreises/der Funktionen mit der dem Kündigenden zur Erklärung von Kündigungen erteilten Innenvollmacht in den Schlussbestimmungen des Arbeitsvertrags reicht nicht aus, um den Gekündigten von dessen Bevollmächtigung in Kenntnis zu setzen. Vielmehr bedarf es eines weiteren Handelns des Arbeitgebers, durch das dem Arbeitnehmer zumindest aufgezeigt wird, auf welche Weise er den Namen des aktuellen Kündigungsberechtigten erfahren kann. Das ergibt sich aus dem Zweck des § 174 BGB. § 174 BGB steht im Zusammenhang mit dem Verbot vollmachtlosen Handelns bei einseitigen Rechtsgeschäften (§ 180 S. 1 BGB). Hat der Vertreter Vertretungsmacht, ist die Vertretung zwar zulässig. Ohne Nachweis dieser Vollmacht weiß der Empfänger aber nicht, ob das ihm gegenüber vorgenommene einseitige Rechtsgeschäft wirksam ist. § 174 BGB dient dazu, klare Verhältnisse zu schaffen. Der Erklärungsempfänger ist zur Zurückweisung der Kündigung berechtigt, wenn er keine Gewissheit hat, dass der Erklärende wirklich bevollmächtigt ist und sich der Arbeitgeber dessen Erklärung tatsächlich zurechnen lassen muss. Der Empfänger einer einseitigen Willenserklärung soll nicht nachforschen müssen, welche Stellung der Erklärende hat und ob damit das Recht zur Kündigung verbunden ist oder üblicherweise verbunden zu sein pflegt. Er soll vor der Ungewissheit geschützt werden, ob eine bestimmte Person bevollmächtigt ist, das Rechtsgeschäft vorzunehmen. Das Inkenntnissetzen nach § 174 S. 2 BGB muss darum ein gleichwertiger Ersatz für die fehlende Vorlage der Vollmachtsurkunde sein. Ausgehend von diesem Zweck des § 174 BGB reicht für ein Inkenntnissetzen i.S.d. § 174 S. 2 BGB die bloße Mitteilung im Arbeitsvertrag, dass der jeweilige Inhaber einer bestimmten Stelle kündigen dürfe, nicht aus. Erforderlich ist vielmehr ein zusätzliches Handeln des Vollmachtgebers, aufgrund dessen es dem Empfänger der Kündigungserklärung möglich ist, der ihm genannten Funktion, mit der das Kündigungsre...