Rz. 41
Arbeitsverträge enthalten regelmäßig Allgemeine Geschäftsbedingungen i.S.v. §§ 305 ff. BGB. Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen durch das Berufungsgericht unterliegt der vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung. Der Inhalt Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist nach einem objektiv-generalisierenden Maßstab zu ermitteln. Sie sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden. Dabei sind die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen. Abzustellen ist dabei auf den typischerweise bei Arbeitsverträgen der geregelten Art zu erwartenden nicht rechtskundigen Arbeitnehmer. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der jeweiligen Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist dieser nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise oder nach der "nichtjuristischen Laiensphäre" zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss. Soweit auch der mit dem Vertrag verfolgte Zweck einzubeziehen ist, kann das nur in Bezug auf typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Ziele gelten. Bleibt nach Ausschöpfung der Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel, geht dies gem. § 305c Abs. 2 BGB zulasten des Verwenders. Die Anwendung der Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB setzt allerdings voraus, dass die Auslegung einer einzelnen AGB-Bestimmung mindestens zwei Ergebnisse als vertretbar erscheinen lässt und von diesen keines den klaren Vorzug verdient. Es müssen "erhebliche Zweifel" an der richtigen Auslegung bestehen. Die entfernte Möglichkeit, zu einem anderen Ergebnis zu kommen, genügt für die Anwendung der Bestimmung nicht.
Rz. 42
Allgemeine Geschäftsbedingungen liegen nicht vor, soweit die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt sind, § 305 Abs. 1 S. 3 BGB. Eine Individualabrede geht Allgemeinen Geschäftsbedingungen vor. Dieser Vorrang gilt trotz der fehlenden Verweisung in § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB auf § 305b BGB auch für vorformulierte Einmalbedingungen in Verbraucherverträgen. Für den Abschluss von Arbeitsverträgen ist in der Regel davon auszugehen, dass der Arbeitgeber den vorformulierten Arbeitsvertrag vorgibt, d.h. i.S.v. § 305 Abs. 1 S. 1 BGB "stellt". Soll der Arbeitsvertrag der AGB-Kontrolle nicht unterworfen werden, muss er im Einzelnen ausgehandelt worden sein. Das setzt voraus, dass der künftige Arbeitnehmer auf die einzelnen Klauseln Einfluss nehmen kann. Wenn der Arbeitgeber die AGB-Kontrolle ausschließen will, muss er dazu bereit sein und sollte die dazu erforderlichen Vertragsverhandlungen zu Beweiszwecken dokumentieren. Letztlich wird ein solcher individuell ausgehandelter Vertrag nur bei geringem Vertragsaufkommen zu empfehlen sein und dann, wenn Klauseln zur Anwendung kommen sollen, die einer AGB-Kontrolle nicht Stand halten.
Rz. 43
Weicht der Verwender von AGB von der sich aus rechtlichen Vorgaben ergebenden Vertragstypik ab, unterliegt diese Abweichung einer uneingeschränkten Inhaltskontrolle nach dem Recht der AGB. Sind Regelungen in AGB unwirksam, ist eine ergänzende Vertragsauslegung ausnahmsweise jedenfalls dann möglich, wenn ein Festhalten am Vertrag auch für den Verwender eine unzumutbare Härte darstellt.
Rz. 44
Das Gebot der Abschlusstransparenz soll die zutreffende Information des Arbeitnehmers über die Umstände sicherstellen, die es ihm ermöglichen, die Vor- und Nachteile der beabsichtigten vertraglichen Abreden für den Vertragsabschluss zu beurteilen. Bei den an eine hinreichende Abschlusstransparenz zu stellenden Anforderungen ist zu berücksichtigen, dass nach allgemeiner Ansicht eine Inhaltskontrolle von AGB im Bereich der Hauptleistung unterbleibt. Die Transparenzkontrolle von AGB, die ein Arbeitgeber sich einseitig gibt, unterliegt aufgrund der unterschiedlichen Rechtsqualität anderen Maßstäben als die Kontrolle von nur an der Verfassung und am Gebot der Normenklarheit zu messenden Gesetzen. Insbesondere ist der Regelungsbereich von AGB i.d.R. enger und branchenbezogener als der von Gesetzen, so dass vom Verwender konkretere Formulierungen als vom Gesetzgeber verlangt werden können und müssen.
Rz. 45
Hat der Verwender mehrere Bestimmungen, u.U. sogar in einem Satz, zusammengefasst, können ungeachtet dieser Zusammenfassung materiell mehrere selbstständige Regelungen vorliegen, die nur formal verbunden sind (materielle Klauselmehrheit) und die jeweils gesondert einer AGB-Kontrolle unterzogen werden können und müssen. Scheinbar einheitliche Klauseln können danach einen inhaltlich zulässigen und einen inhaltlich unzulässigen Teil enthalten.