Rz. 735
Gegenstand des Sozialplanverfahrens ist die Regelung eines Ausgleiches oder einer Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den betroffenen Arbeitnehmern infolge der Betriebsänderung entstehen. Der Sozialplan soll in der Planungsphase, also vor Durchführung der Betriebsänderung aufgestellt werden. Der Abschluss eines vorsorglichen Sozialplanes ist nicht vom Betriebsrat erzwingbar.
Der Sozialplan gilt unmittelbar und zwingend nur für Arbeitnehmer i.S.d. § 5 Abs. 1 BetrVG. Leitende Angestellte werden vom Sozialplan nicht erfasst. Es besteht auch keine Verpflichtung des Arbeitgebers aufgrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes, den leitenden Angestellten Leistungen aus einem Sozialplan zu gewähren. Der Unternehmer kann mit den leitenden Angestellten Einzelvereinbarungen in Anlehnung an den Sozialplan abschließen oder die leitenden Angestellten in den persönlichen Geltungsbereich des Sozialplans freiwillig einbeziehen, wenn kein Sprecherausschuss gebildet wurde.
Der Geltungsbereich des Sozialplanes kann aus sachlichen Gründen beschränkt werden. Arbeitnehmer, bei denen keine wirtschaftlichen Nachteile aufgrund der Betriebsänderung möglich sind, können deshalb vom Geltungsbereich des Sozialplanes ausgeschlossen werden. Danach können z.B. Arbeitnehmer, denen aus personen- oder verhaltensbedingten Gründen gekündigt wird, Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis aufgrund einer wirksamen Befristung endet, und Mitarbeiter, die aufgrund einer Eigenkündigung ausscheiden, grundsätzlich vom Geltungsbereich des Sozialplanes ausgeschlossen werden. Dies folgt daraus, dass der Sozialplan den von der Entlassung betroffenen Arbeitnehmern eine Überbrückungshilfe gewähren soll.
In den soeben genannten Fällen wird das Arbeitsverhältnis jedoch auch dann enden, wenn keine Betriebsänderung durchgeführt worden wäre. Eine Ausnahme gilt lediglich für Mitarbeiter, die mit ihrer Eigenkündigung lediglich einer betriebsbedingten Kündigung zuvorkommen. In diesem Fall ist für die Eigenkündigung die Betriebsänderung ursächlich, so dass der Ausschluss dieser Mitarbeitergruppe unwirksam sein dürfte. Könnte der Mitarbeiter jedoch anderweitig weiterbeschäftigt werden und scheidet er dennoch auf eigenen Wunsch aus, besteht keine Notwendigkeit, ihn in den Sozialplan einzubeziehen.
Mitarbeiter, die dem Betrieb noch keine sechs Monate angehören, können von den Sozialplanleistungen nicht ausgeschlossen werden.
Rz. 736
Die Betriebspartner sind bei der Vereinbarung eines Sozialplans grundsätzlich frei zu entscheiden, welche wirtschaftlichen Nachteile den von der Betriebsänderung betroffenen Arbeitnehmer durch welche Leistungen ausgeglichen oder gemildert werden sollen. Gemäß der Rechtsprechung des BAG haben sie allerdings nach § 75 Abs. 1 BetrVG die betroffenen Arbeitnehmer nach den Grundsätzen von Recht und Billigkeit zu behandeln. Zu diesen zählen insbesondere der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz und bestehende Diskriminierungsverbote. Auszurichten haben die Betriebspartner die Regelungen eines Sozialplans an dem in § 112 Abs. 1 S. 2 BetrVG festgelegten Zweck der Sozialplanleistungen, der darin besteht, mit einem begrenzten Volumen möglichst allen von der Betriebsänderung betroffenen Arbeitnehmern eine verteilungsgerechte Überbrückungshilfe bis zur Erlangung eines neuen Arbeitsplatzes oder bis zu einer sonstigen wirtschaftlichen Absicherung zu ermöglichen. Mangels Vorhersehbarkeit der später tatsächlich eintretenden Nachteile ist dabei eine Pauschalisierung zulässig. Ein Sozialplan hat danach Ausgleichs- und Überbrückungsfunktion hinsichtlich der zukünftigen Nachteile, die durch die Betriebsänderung eintreten können. Er dient nicht der Honorierung der vom Arbeitnehmer geleisteten Arbeit und der von ihm gezeigten Betriebstreue. Auch die Beschäftigungsdauer ist als Bemessungsfaktor nur insoweit geeignet, wie sie in Zusammenhang mit geringeren Chancen länger beschäftigter Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt steht.
Rz. 737
Eine an die Rentenberechtigung aufgrund der Schwerbehinderung anknüpfende Pauschalierung der Sozialplanabfindung benachteiligt schwerbehinderte Arbeitnehmer unmittelbar gegenüber nicht schwerbehinderten Arbeitnehmern, welche in gleicher Weise von dem sozialplanpflichtigen Arbeitsplatzverlust betroffen sind und eine höhere, nach ihren individuellen Betriebs- und Sozialdaten zu ermittelnde Sozialplanabfindung verlangen können. Es stellt einen Verstoß gegen § 4 Abs. 2 TzBfG dar, wenn in einem Sozialplan befristet beschäftigten Arbeitnehmern Ansprüche auf Zahlung einer "Treueprämie" vorenthalten bleiben.
Rz. 738
Das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters gilt auch für die Gestaltung von Sozialplänen. Eine die Abfindungshöhe begrenzende Höchstbetragsklausel in einem Sozialplan bewirkt keine Diskriminierung älterer Arbeitnehmer wegen ihres Alters. Es ist mit § 75 Abs. 1 BetrVG vereinbar, wenn ein Sozialplan die mit Alter und Betriebszugehörigkeit steigende Abfi...