Rz. 586
Der Betriebsübergang hat individualarbeitsrechtliche und kollektivrechtliche Auswirkungen.
Rz. 587
Der im Arbeitsverhältnis mit dem Betriebsveräußerer aufgrund der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer erwachsene Kündigungsschutz geht nicht nach § 613a Abs. 1 S. 1 BGB mit dem Arbeitsverhältnis auf den Betriebserwerber über, wenn in dessen Betrieb die Voraussetzung des § 23 Abs. 1 KSchG nicht vorliegen. Das Erreichen des Schwellenwertes des § 23 Abs. 1 KSchG und der dadurch entstehende Kündigungsschutz sind keine Rechte i.S.d. § 613a Abs. 1 S. 1 KSchG.
Rz. 588
Nach der Rechtsprechung des BAG gehen jeweils die Arbeitsverhältnisse derjenigen Arbeitnehmer über, die dem konkreten Betrieb oder Betriebsteil zuzuordnen sind. Abweichende Vereinbarungen zu Lasten des Arbeitnehmers können nicht getroffen werden, denn § 613a Abs. 1 BGB ist zwingendes Recht. Das BAG hat Änderungsvereinbarungen bei Vorliegen eines sachlichen Grundes für eingeschränkt zulässig gehalten.
Der Betriebsübergang führt zu einer Haftung des Betriebserwerbers. Dieser haftet jedoch gem. § 613a Abs. 2 BGB neben dem Erwerber für Verpflichtungen, die vor dem Betriebsübergang entstanden und fällig geworden sind sowie für solche, die vor dem Betriebsübergang entstanden und spätestens ein Jahr nach dem Betriebsübergang fällig geworden sind. Beim Betriebsübergang besteht nach § 613a Abs. 4 S. 1 BGB Kündigungsschutz. Eine Kündigung ist daher nach § 613a Abs. 4 S. 1 BGB i.V.m. § 134 BGB nichtig, wenn sie wegen des Übergangs eines Betriebs oder Betriebsteils ausgesprochen wurde.
Rz. 589
Die betriebsverfassungsrechtliche Stellung der Betriebsratsmitglieder wird durch den Betriebsübergang nicht berührt, solange der Betrieb in seiner Identität erhalten bleibt und das BetrVG weiter anwendbar ist. Der neue Arbeitgeber tritt in die betriebsverfassungsrechtliche Stellung des bisherigen Inhabers ein. Der bisherige Betriebsrat bleibt im Amt. Der neue Arbeitgeber wird Partei der im Betrieb bestehenden Betriebsvereinbarungen.
Rz. 590
Kommt es zum Verlust der Betriebsidentität, muss man folgende Fälle unterscheiden: Bei einer Verschmelzung besteht nach § 21a Abs. 2 BetrVG ein Übergangsmandat des Betriebsrats des ursprünglich größten Betriebes. Wird ein Betriebsteil übertragen, handelt es sich um eine Spaltung. An der betriebsverfassungsrechtlichen Lage des ursprünglichen (einheitlichen) Betriebes ändert sich nichts. Der Betriebsrat bleibt im Amt. Die Betriebsvereinbarungen gelten dort weiter. Hinsichtlich der abgespaltenen Betriebsteile können sich Änderungen ergeben. Wird der abgespaltene Betriebsteil selbstständiger Betrieb, endet die Zuständigkeit des alten Betriebsrats. Es entsteht ein neuer Betrieb, für den ein neuer Betriebsrat gewählt werden muss. Der bisherige Betriebsrat hat nach § 21a Abs. 1 BetrVG ein Übergangsmandat. Der Betriebsrat des ursprünglichen Betriebes ist deshalb zuständig für den Restbetrieb und übergangsweise für den abgespaltenen Betriebsteil. Der Betriebsrat mit Übergangsmandat hat insbesondere Wahlvorstände zu bestellen und nimmt während der Übergangszeit alle Rechte und Pflichten eines Betriebsrats wahr. Wird der abgespaltene Betriebsteil in einen neuen Betrieb eingegliedert, ist dessen Betriebsrat auch wieder in dem eingegliederten Betriebsteil zuständig.
Rz. 591
Haben Betriebsratsmitglieder dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses widersprochen, endet das Betriebsratsmandat mit Erklärung des Widerspruches, wenn der gesamte Betrieb übergeht. Bei der Veräußerung eines von mehreren Betrieben bzw. bei der Betriebsteilveräußerung besteht nach § 15 Abs. 5 KSchG eine Übernahmeverpflichtung bezüglich des widersprechenden Betriebsratsmitgliedes in eine andere Betriebsabteilung.