Rz. 199
Bei jeder Auslandstätigkeit stellt sich die Frage, welches Recht anzuwenden ist. Nach Art. 27 EGBGB obliegt die Entscheidung über das anzuwendende Recht (Arbeitsvertragsstatut) den Vertragsparteien. Grundsätzlich gilt das Prinzip der Vertragsfreiheit. Bei Arbeitsverträgen unterliegt die Rechtswahl der Schranke des Art. 30 Abs. 1 EGBGB, wonach der dem Arbeitnehmer durch zwingende Bestimmungen der objektiv anwendbaren Rechtsordnung gewährte Schutz nicht entzogen werden darf. Treffen die Vertragsparteien keine Rechtswahl, unterliegen nach Art. 30 Abs. 2 EGBGB Arbeitsverträge und Arbeitsverhältnisse dem Recht des Staates, in dem der Arbeitnehmer in Erfüllung des Vertrages gewöhnlich seine Arbeit verrichtet, selbst wenn er vorübergehend in einen anderen Staat entsandt ist. In Betracht kommt auch das Recht des Staates, in dem sich die Niederlassung befindet, die den Arbeitnehmer eingestellt hat. Dies setzt voraus, dass der Arbeitnehmer seine Arbeit gewöhnlich nicht in ein und demselben Staat verrichtet, es sei denn, dass sich aus der Gesamtheit der Umstände ergibt, dass der Arbeitsvertrag oder das Arbeitsverhältnis engere Verbindungen zu einem anderen Staat aufweisen. In diesem Fall ist das Recht dieses anderen Staates anzuwenden. Insoweit relevant sind z.B. die Staatsangehörigkeit der Parteien, Sitz des Arbeitgebers, Vertragssprache, Währung, in der die Vergütung zu zahlen ist, Ort des Vertragsschlusses und der Wohnsitz des Arbeitnehmers. Hiervon unberührt bleiben nach Art. 34 EGBGB die Bestimmungen des deutschen Rechts, die ohne Rücksicht auf das auf den Vertrag anzuwendende Recht den Sachverhalt zwingend regeln. Diese Vorschrift ist eng auszulegen. Die bloße Unabdingbarkeit einer Norm nach deutschem Recht genügt nicht. Das Arbeitsverhältnis eines dauerhaft in einem im Ausland ansässigen Tochterunternehmen seines Arbeitgebers eingesetzten Arbeitnehmers unterfällt dem räumlichen Geltungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes, wenn er in den Betrieb des Arbeitgebers in Deutschland eingegliedert ist. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn er einem weitgehenden Direktionsrecht seines Arbeitgebers unterliegt, dieser sich das Recht zum Rückruf des Arbeitnehmers nach Deutschland vorbehalten hat und das Arbeitsverhältnis in Deutschland administrativ abgewickelt wird.
Rz. 200
Vor der Entsendung eines Arbeitnehmers zur Arbeitsleistung ins Ausland ist in jedem Falle zu entscheiden, ob das Inlands-Arbeitsverhältnis während des Auslandseinsatzes rechtlich weiterbestehen, zum Ruhen gebracht oder aufgelöst werden soll. Denkbar ist auch eine Wiedereinstellungszusage, wonach sich der Arbeitgeber verpflichtet, dem Arbeitnehmer nach ordnungsgemäßer Vertragserfüllung oder Beendigung der Entsendung aus einem Grund, den der Arbeitnehmer nicht zu vertreten hat, einen Anschlussvertrag innerhalb der Unternehmensgruppe anzubieten. Eine derartige Wiedereinstellungszusage enthält regelmäßig die Absichtserklärung, dass sich der Anschlussvertrag auf eine Funktion beziehen soll, die der bei Beendigung des ursprünglichen Arbeitsverhältnisses ausgeübten Funktion hinsichtlich Rang und Vergütung mindestens gleichwertig ist, eine Fortschreibung der Grundvergütung und die Zusage, dass der Arbeitnehmer seinen Kenntnissen und Fähigkeiten entsprechend eingesetzt wird, sowie eine Klausel über die Anrechnung der Vordienstzeiten. Bei kurzfristigen Auslandseinsätzen sollte man den inländischen Arbeitsvertrag weiter bestehen lassen und nur die besonderen Konditionen für den Auslandseinsatz in einer Ergänzungsvereinbarung niederlegen. Entsprechendes gilt bei Abordnung zu einem mit dem deutschen Arbeitgeber rechtlich verbundenen ausländischen Unternehmen, wenn eine Eingliederung in die ausländische Betriebsorganisation nicht vorgesehen ist. In diesem Falle bleibt der entsandte Mitarbeiter Arbeitnehmer des deutschen Arbeitgebers mit allen Rechten und Pflichten, auch in betriebsverfassungsrechtlicher Hinsicht.
Rz. 201
Wird dagegen ein Arbeitnehmer auf Dauer oder befristet zu einem ausländischen Unternehmen versetzt und in die ausländische Betriebsorganisation eingegliedert oder für eine Tätigkeit im Ausland neu eingestellt, kommt der Abschluss eines besonderen Auslandsarbeitsvertrages in Betracht. In diesem Fall bietet es sich an, den Vertrag nach deutschem Recht zu gestalten und mittels Rechtswahl deutschem Arbeitsrecht zu unterstellen.
Besonderheiten bestehen hinsichtlich der Sozialversicherung und der steuerrechtlichen Behandlung des Arbeitsverhältnisses.
Hat der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung länger als einen Monat außerhalb der Bundesrepublik Deutschland zu erbringen, so ist § 2 Abs. 2, 3, 4 NachwG zu beachten.
Rz. 202
Bei der Auslandsentsendung sind verschiedene Vertragsgestaltungen üblich. Beim "Einvertragsmodell" wird der Mitarbeiter allein zum Zweck der Auslandsentsendung eingestellt und erhält nur einen einzigen Vertrag. Beim "Zweivertragsmodell" wird eine Zusatzvereinbarung zum bestehenden Arbeitsvertrag gesc...