Rz. 18
Der Regelungsvorschlag zur Arbeitszeit erschließt sich vor dem Hintergrund, dass die Home-Office-Vereinbarung als Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag strukturiert ist. Damit erübrigen sich Regelungen zur Arbeitszeit während der Tätigkeit in der betrieblichen Arbeitsstätte; insoweit ist die Geltung der betrieblichen Regelungen vorausgesetzt. Mit Blick auf die Arbeitszeit an Home-Office Arbeitstagen finden sich in der Praxis zumeist Regelungen zur Vertrauensarbeitszeit. Hierauf basiert auch das obige Muster, wobei zusätzlich Erreichbarkeitszeiten festgelegt werden. Welche Gestaltung letztlich gewählt wird, hängt an den jeweiligen betrieblichen Bedürfnissen.
Rz. 19
Damit der Arbeitgeber sich das Weisungsrecht gemäß § 106 GewO, das sich auch auf die "Zeit der Arbeitsleistung", also die Lage der Arbeitszeit erstreckt, durch die Regelung einer Vertrauensarbeitszeit nicht abschneidet, bedarf es wiederum einer Klarstellung, wonach der Arbeitgeber abweichende Regelungen zur Lage der Arbeitszeit treffen kann. Wie schon am Beispiel vergleichbarer Regelungen zum Arbeitsort erörtert, empfiehlt es sich nach derzeitigem Stand der Rechtsprechung vorsorglich darauf hinzuweisen, dass hierbei die Interessen des Arbeitnehmers gemäß § 106 GewO zu berücksichtigen sind.
Rz. 20
§ 2 Abs. 4 des Vertragsmusters stellt überdies klar, dass die Fahrten zwischen häuslicher Arbeitsstätte und betrieblicher Arbeitsstätte als reine Wegezeiten keine Arbeitszeit im vergütungsrechtlichen Sinne sind. Das gilt sowohl für die ausschließliche als auch für die alternierende Home-Office Tätigkeit. An sich dürfte eine solche Regelung entbehrlich sein, da die Wegezeiten anders als etwa Fahrten von Außendienstmitarbeitern zum Kunden nicht Teil der arbeitsvertraglichen Hauptleistungspflicht sind. Es ist nicht Ziel der wirtschaftlichen Gesamttätigkeit, die Arbeit an der betrieblichen Arbeitsstätte zu erbringen. Vorsorglich empfiehlt sich aber dennoch eine entsprechende Regelung, da arbeitsvertraglich gestaltbar ist, welche Zeiten als Arbeitszeit im vergütungsrechtlichen Sinne gelten. Hierbei handelt es sich – jedenfalls nach der bisherigen Rechtsprechung des BAG – nicht um eine Regelung der Vergütungshöhe, sondern darüber, welche Leistungen (vorliegend Wegezeiten) als Arbeitsleistung zu erachten sind. Unter dieser Prämisse dürfte ein Hinweis, wonach Mindestlohnansprüche und sonstige unverfallbare Ansprüche unberührt bleiben, auch vor dem Hintergrund des Transparenzgebots des § 307 BGB entbehrlich sein. Denn ein solcher Hinweis würde im Ergebnis eher zur Intransparenz der Vertragsgestaltung führen. Einerseits würde vertraglich klargestellt, dass es sich bei den Wegezeiten nicht um Arbeitszeiten handelt, andererseits durch den Hinweis auf das MiLoG aber wieder suggeriert, dass das auch anders sein kann. Angesichts dessen dürfte es der transparenten Vertragsgestaltung zuträglich sein, die Parallelität von vertraglichen und gesetzlichen Ansprüchen auf Vergütung zu akzeptieren und keine arbeitsvertragliche Klarstellung zum Verhältnis der Regelungsebenen zu fordern. Letzteres wäre auch eine gegenüber dem Klauselverwender unzumutbare Anforderung an die Vertragsgestaltung. Welchen Weg die Rechtsprechung im Anschluss die Entscheidung des BAG vom 18.9.2018 zur Berücksichtigung des MiLoG bei Ausschlussklauseln aber letztlich wählt, bleibt abzuwarten.
Rz. 21
§ 2 Abs. 5 und 6 enthalten schließlich zwei, für die Vertrauensarbeitszeit typische Komponenten: Zunächst empfiehlt sich regelmäßig, den Arbeitnehmer gesondert auf die Einhaltung der Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes zu verpflichten. Zwar hat der Arbeitgeber weiterhin – auch bei Vereinbarung einer entsprechenden Vertrauensarbeitszeit – die Einhaltung der Vorgaben des Arbeitszeitschutzes sicherzustellen; dem Mangel an Kontrollmöglichkeiten bei Vertrauensarbeitszeit an Home-Office Arbeitstagen kann er allerdings nur dadurch entgegenwirken, dass er den Arbeitnehmer selbst in die Pflicht nimmt. Ergänzende Compliance-Maßnahmen zur Kontrolle der Arbeitszeitaufzeichnungen der Arbeitnehmer sind geboten. Die Pflicht zur Aufzeichnung der Arbeitszeit gemäß § 16 Abs. 2 ArbZG ist hingegen delegierbar und soll es – jedenfalls nach dem aktuellen Stand des Gesetzgebungsverfahrens zur Arbeitszeiterfassungspflicht – auch bleiben. Hieran knüpft § 2 Abs. 6 des Musters an, wobei der Formulierungsvorschlag im Ergebnis über die Pflichten nach § 16 Abs. 2 ArbZG hinausgeht und insoweit die Entscheidung des BAG zur Arbeitszeiterfassungspflicht v. 13.9.2022 aufgreift. Ergänzende Regelungen zur Frage, was als Arbeitszeit wie zu erfassen ist, können in entsprechenden Richtlinien bzw. Betriebsvereinbarungen getroffen werden. Die Frage, bis wann die Arbeitszeitaufzeichnungen zu erfolgen haben, ist Gegenstand des Gesetzgebungsverfahrens. Für mindestlohnrelevante Tätigkeiten – diese liegen bei Vereinbarungen über Vertrauensarbeitszeit zumeist nicht vor – ist zudem an die Dokumentationspflichten nach § 17 MiLoG zu...