Rz. 35
Gem. § 12 Abs. 3 TzBfG ist der Arbeitnehmer nur dann zur Arbeitsleistung verpflichtet, wenn der Arbeitgeber ihm die Lage der Arbeitszeit jeweils mindestens vier Tage im Voraus mitteilt. Diese Frist ist gesetzlich zwingend. Eine arbeitsvertragliche Regelung, die die Frist verkürzt, ist nach § 12 TzBfG, § 134 BGB nichtig. § 12 Abs. 3 TzBfG spricht lediglich von "Tagen". Gemeint sind Kalendertage. Der Abruf der Arbeit ist eine einseitige, empfangsbedürftige Gestaltungserklärung.
Rz. 36
Die Berechnung der Ankündigungsfrist erfolgt nach den §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 1, 193 BGB. Da der Abruf eine empfangsbedürftige Willenserklärung ist, kommt es für den Beginn der Frist maßgeblich auf den Zugang bei dem Arbeitnehmer an.
Rz. 37
Gem. § 187 Abs. 1 BGB wird der Tag des Zugangs für die Frist nicht mitgerechnet. Die Frist endet gem. § 188 BGB mit dem Ablauf des letzten Tages der Frist.
Rz. 38
Beispiel
Möchte der Arbeitgeber die Arbeitsleistung an einem Dienstag in Anspruch nehmen, so muss er dies spätestens am Donnerstag mitteilen. Der erste Tag der Frist ist dann der Freitag. Die Frist endet am Montag um 24:00 Uhr.
Rz. 39
Sonnabende sowie Sonn- und Feiertage zählen für die Dauer der Frist mit, sofern sie in der Frist liegen. § 12 Abs. 2 TzBfG stellt lediglich auf "Tage" ab, nicht auf Werk- oder Arbeitstage. Fällt hingegen der rückgerechnete Ankündigungstag auf einen Sonnabend, Sonn- oder Feiertag, so soll an dessen Stelle der vorangegangene Werktag treten. Wir halten dies für falsch. Denn § 193 BGB bestimmt diese Rechtsfolge nur dann, wenn an dem Sonn- oder Feiertag eine Willenserklärung abzugeben ist. § 193 BGB schützt die Sonn- und Feiertagsruhe. Der Zugang einer Willenserklärung an einem Sonn- oder Feiertag bleibt hierdurch aber möglich, ebenso wie § 193 BGB nicht die Abgabe einer Willenserklärung an einem Sonn- oder Feiertag verbietet.
Rz. 40
Praxishinweis
Wenn die oben zitierte Ansicht in der Literatur auch u.E. dogmatisch abzulehnen ist, so empfiehlt sich für die Praxis gleichwohl soweit möglich die Vorverlegung der Ankündigung auf den letzten Werktag, letztlich also mit der Wirkung einer Verlängerung der Ankündigungsfrist von vier auf fünf Tage. Der Arbeitgeber würde ansonsten das Risiko eingehen, die Arbeit verspätet abgerufen zu haben. Soll also der gewünschte Einsatz am Freitag erfolgen, so muss die Ankündigung abweichend von der normalen Fristberechnung spätestens am Freitag der Vorwoche erfolgen.
Rz. 41
Für die Praxis soll die folgende Tabelle Hilfestellung sein:
Gewünschter Einsatztag: |
Zugang der Ankündigung beim Arbeitnehmer spätestens am: |
Montag |
Mittwoch der Vorwoche |
Dienstag |
Donnerstag der Vorwoche |
Mittwoch |
Freitag der Vorwoche |
Donnerstag |
Freitag der Vorwoche |
Freitag |
Freitag der Vorwoche |
Samstag |
Montag der Vorwoche |
Handelt es sich bei dem Erklärungstag zudem um einen Feiertag, so verschiebt sich der Zugangstag wiederum auf den vorhergehenden Tag (der aber kein Sonnabend, Sonn- oder Feiertag sein darf). Erfolgt eine übliche Dienstplanfestlegung für jeweils eine Woche, muss also der Dienstplan für die folgende Woche spätestens am Mittwochmorgen ausgehängt werden.
Rz. 42
Eine Verkürzung der Ankündigungsfrist ist gem. § 22 TzBfG durch Einzelvertrag oder Betriebsvereinbarung unwirksam. Eine Abweichung durch Tarifvertrag ist dagegen zulässig, wenn der Tarifvertrag Regelungen über die tägliche und wöchentliche Arbeitszeit und die Vorankündigungsfrist vorsieht. Zwar enthält § 22 TzBfG eine solche Öffnungsklausel nicht. Jedoch bestimmt § 12 Abs. 6 TzBfG ausdrücklich, dass durch Tarifvertrag von der Ankündigungsfrist des § 12 Abs. 2 TzBfG abgewichen werden darf. Darüber hinaus ist im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages die einzelvertragliche Vereinbarung der Anwendung der tariflichen Regelungen auch für nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer in Abweichung zu § 22 Abs. 1 TzBfG zulässig (§ 12 Abs. 6 S. 2 TzBfG).
Rz. 43
Die Mitteilung zur Festlegung der Arbeitszeit ist formlos gültig. Der Arbeitgeber hat sie aber im Streitfall nachzuweisen.
Rz. 44
Hat der Arbeitgeber die Arbeit abgerufen, so hat er sein diesbezügliches Leistungsbestimmungsrecht ausgeübt. Eine Änderung ist nur noch im Konsens mit dem Arbeitnehmer möglich. Infolge der Festlegung ist die Leistungspflicht für den Arbeitnehmer konkretisiert. Kommt er dieser Leistungspflicht nicht nach, so gerät er in Schuldnerverzug und verliert den Anspruch auf die Vergütung, nach Ansicht des ArbG Bielefeld tageweise. Ruft der Arbeitgeber die Arbeit nicht ab, so gerät er in Annahmeverzug. In diesem Fall behält der Arbeitnehmer gem. § 615 S. 1 BGB seinen Anspruch auf Vergütung.