Rz. 44

Wichtige Erkenntnisquellen des VR hinsichtlich des BAK-Wertes sind die Krankenakte des behandelnden Arztes bzw. Krankenhauses sowie die amtliche Ermittlungsakte. Die Frage einer vorbehaltlosen Verwertbarkeit der daraus gewonnenen Erkenntnisse ist damit noch nicht beantwortet.

Nach dem BGH[98] ist die BAK nach Maßgabe des 1966 herausgegebenen Gutachtens "Alkohol und Verkehrstraftaten" des Bundesgesundheitsamtes zu ermitteln.[99] Ist der BAK-Wert nicht nach den anerkannten Analysemethoden festgestellt worden, so muss der Tatrichter nunmehr die Frage des Alkoholisierungsgrades und der dadurch hervorgerufenen Ausfallerscheinungen im Wege der freien Beweiswürdigung klären. Hierbei ist unter Hinzuziehung eines Sachverständigen danach zu fragen, welcher Aussagegehalt dem jeweiligen Messwert konkret zukommt.[100] Nach dem KG Berlin[101] kann der Nachweis einer alkoholbedingten Bewusstseinsstörung im Einzelfall auch ohne Ermittlung des BAK-Gehaltes geführt werden, wenn der Konsum größerer Mengen Alkohol feststeht und der zum Unfall führende Geschehensablauf auf eine alkoholbedingte Bewusstseinsstörung schließen lässt.

 

Rz. 45

Die Entnahme der Blutprobe zur Bestimmung des BAK-Wertes erfolgt nicht immer zeitnah zum Unfallereignis. Hier muss, sofern die Blutentnahme erst nach Beendigung der Resorptionsphase (2 Stunden nach Trinkende) vorgenommen wurde, rückgerechnet werden. Es ist vom niedrigsten möglichen Abbauwert (0,1 Promille pro Stunde) auszugehen. Erfolgt die Blutentnahme noch innerhalb der Resorptionsphase, so kann der dabei ermittelte BAK-Wert ohne Zu- und Abschläge zugrunde gelegt werden.[102]

Nach dem KG Berlin[103] hat der VN einen behaupteten Nachtrunk mit konkreten, nachprüfbaren Tatsachen darzulegen und zu beweisen. Nach a.A.[104] muss der beweispflichtige VR einen behaupteten Nachtrunk widerlegen oder beweisen, dass schon zum Unfallzeitpunkt eine alkoholbedingte Bewusstseinsstörung vorlag. Dies könne auch aus dem damaligen Verhalten der VP (ohne jedes Gutachten) geschlossen werden. Zudem könne der Nachtrunk selbst eine Verletzung der Aufklärungspflicht darstellen, wenn getrunken wurde, um den Bewusstseinszustand während des Unfallgeschehens zu verschleiern.

 

Rz. 46

Hinsichtlich der Ermittlung des BAK-Wertes bei Leichen ist nach dem BGH[105] zu beachten, dass die Blutentnahme aus einer durch Einschnitt freizulegenden Oberschenkelvene erfolgen soll, also möglichst weit entfernt von Magen und Darm, damit nicht Trinkalkohol aus dem Magen oder Fäulniserscheinungen im Darm miterfasst werden. Bei frischen Leichen ist eine Blutentnahme auch aus dem Herzen statthaft, allerdings mit der Einschränkung, dass das Analyseergebnis mit sachverständiger Hilfe dahingehend zu überprüfen ist, ob dieses durch Diffusion von Trinkalkohol oder Zersetzungsstoffen aus Magen und Darm beeinflusst sein kann.[106]

[98] BGH v. 15.6.1988 – IVa ZR 8/87, VersR 1988, 950.
[99] Einzelheiten zu den anerkannten Analysemethoden bei Grimm, Ziff. 5 Rn 11.
[100] Grimm, Ziff. 5 Rn 11.
[101] KG Berlin v. 4.2.2003 – 6 W 12/03, r+s 2003, 428, 429.
[102] Vgl. zum Ganzen BGH v. 26.9.1990 – IV ZR 176/89, r+s 1990, 430; OLG Köln v. 21.9.1989 – 5 U 49/89, r+s 1989, 414.
[103] KG Berlin v. 16.1.1998 – 6 W 8026/97, r+s 1999, 128.
[104] Prölss/Martin-Knappmann, AUB 2008 Nr. 5 Rn 8.
[106] Einzelheiten bei Grimm, Ziff. 5 Rn 11.

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?