Dipl.-Kfm. Michael Scherer
Rz. 86
Bei der Vereinbarung von Zeithonoraren sind hauptsächlich Stundensatzvereinbarungen üblich. Der Vorteil für den Auftraggeber und gleichermaßen auch den RA liegt darin, dass dies eine gerechte Lösung ist, weil der Arbeitsaufwand des RA maßgebend für die Höhe der Gebühr ist. Ist die Beratung zeitaufwendig, erhält der RA eine hohe Gebühr. Ist die Dauer der Beratung kürzer, so ist auch die Gebühr niedriger. Der Klient hat somit auch selbst die Möglichkeit, die Länge der Beratung und damit die Höhe der Gebühr zu beeinflussen.
Der Nachteil für den Klienten besteht darin, dass er vor der Beratung nicht wissen kann, in welcher Höhe er dem RA später die Gebühr zahlen muss. Sollte die Beratung dann länger dauern und deshalb die Gebühr höher ausfallen als der Auftraggeber sich das vorher vorgestellt hatte, wird der RA einen unzufriedenen Klienten haben, den er möglicherweise nie wieder sehen wird.
Der Nachteil für den RA liegt darin, dass er genau den zeitlichen Beginn und das Ende seiner Tätigkeiten erfassen muss, um eine Grundlage für die Berechnung der Gebühr zu haben und dies im Streitfall beweisen zu können. So verlangt das OLG Düsseldorf die Vorlage eines Leistungsverzeichnisses, das den jeweils abgerechneten Zeitaufwand einer bestimmten Tätigkeit zuordnet (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 06.10.2011 – 24 U 47/11). Insbesondere ist auch zu befürchten, dass potenzielle neue Klienten zurückschrecken könnten, wenn ihnen ein hoher Stundensatz genannt wird.
Rz. 87
Hinweis:
Da wohl niemand sich bei der Abrechnung um einzelne Minuten streiten will, ist zu empfehlen, einen Zeittakt von 5, 6 oder 10 Minuten als Grundlage der Berechnung zu vereinbaren und dann z. B. für 5 Minuten ein Zwölftel des vereinbarten Stundensatzes zu berechnen. Zeittaktklauseln von 15 Minuten sind schon von einigen Gerichten als unzulässig verworfen worden). Nun hat der BGH entschieden, dass eine formularmäßig vereinbarte Fünfzehn-Minuten-Zeittaktklausel jedenfalls im Rechtsverkehr mit Verbrauchern unwirksam ist. Weiterhin verlangt der BGH, dass im Falle eines vereinbarten Zeithonorars nicht nur pauschale Angaben gemacht werden, sondern dass die während des abgerechneten Zeitraums getroffenen Maßnahmen konkret und in nachprüfbarer Weise dargelegt werden – also welche Akten oder Schriftstücke durchgesehen wurden, welcher Schriftsatz verfasst wurde oder zu welchem Thema und mit wem ein Telefongespräch geführt wurde. Nicht genügend sind für den BGH allgemeine Hinweise auf Aktenbearbeitung, Literaturrecherche und Telefongespräche. (BGH, Urteil vom 13.02.2020 – IX ZR 140/19 und BGH, Urteil vom 13.02.2020 – IX ZR 141/19).
Rz. 88
Schwierig wird es, die konkrete Höhe des Stundensatzes zu bestimmen. Der RA wird einen für ihn auskömmlichen Stundensatz nach betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten kalkulieren müssen und dabei neben den Kosten seiner Kanzlei und dem erwünschten Gewinn notwendigerweise auch die Stundensätze der mit ihm konkurrierenden Anwaltsbüros im Auge behalten müssen. Die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) ermittelt die Höhe der Zeithonorare in regelmäßigen Umfragen. Man kann hier von einem Stundensatz von 200 Euro ausgehen.
Hinweis:
Die BRAK hat in ihrem STAR-Bericht 2018 ermittelt, dass etwa 42 % der RA Zeithonorare berechnen. Dabei wird die Höhe der Stundensätze beeinflusst durch Geschlecht, Alter, Spezialisierung (Fachanwaltschaft) sowie Kanzleistandort und Kanzleiform.
In ihren STAR-Berichten veröffentlicht die BRAK so genannte Medianwerte, d. h., dass die Hälfte der Fälle unterhalb dieses Wertes liegt und die andere Hälfte darüber. Die ermittelten Medianwerte bewegen sich zwischen 150 Euro und 250 Euro pro Stunde mit einem Durchschnitt von 200 Euro pro Stunde. Dies heißt aber auch, dass es in der Praxis Stundensätze gibt, die weit darunter oder darüber liegen.
Das OLG Hamm (Urteil vom 07.07.2015 – 28 U 189/13) hat in einem konkreten Fall der Beratungstätigkeit keine Bedenken gegen einen Stundensatz von 275,00 Euro netto als angemessen und üblich. Das OLG Düsseldorf (Beschluss vom 08.01.2019 – I-24 U 84/18) sagt, "ein anwaltlicher Stundensatz i. H. v. EUR 250,00 ist nicht zu beanstanden".
Muster: Vereinbarung einer Zeitgebühr
Gebührenvereinbarung für eine Beratung
Zwischen Herrn/Frau (im Folgenden Auftraggeber genannt) _________________________
und
Frau Rechtsanwältin/Herrn Rechtsanwalt (im Folgenden Rechtsanwalt genannt) _________________________
wird folgende Gebührenvereinbarung geschlossen:
Gegenstand der Gebührenvereinbarung ist die anwaltliche Beratung durch den Rechtsanwalt in der Angelegenheit _________________________
Die Beratung durch den Rechtsanwalt erfolgt mündlich.
Für die Beratung ist an den Rechtsanwalt eine Zeitgebühr von _________________________ EUR (in Worten _________________________ Euro) pro Stunde zu zahlen.
Abgerechnet wird für jede angefangene Zeiteinheit von _________________________ Minuten.
Die Umsatzsteuer (USt.) von zurzeit 19 % ist daneben gesondert zu zahlen.
Der Ausgang und der Umfang der anwaltlichen Bemühungen si...