Rz. 64
Der Ausbau von Dachgeschossen betrifft normalerweise nicht nur das Sonder-, sondern auch das Gemeinschaftseigentum. Es handelt sich somit genau genommen nicht (nur) um eine bauliche Maßnahme am Sondereigentum, sondern um bauliche Maßnahmen "im räumlichen Bereich des Sondereigentums". Das Thema wird hier aber wegen des Sachzusammenhangs im Abschnitt über "bauliche Maßnahmen im Bereich des Sondereigentums" behandelt.
Rz. 65
Vor allem ältere Häuser verfügen häufig über einen nicht ausgebauten Dachboden (synonym Bühne, Speicher oder – im Falle eines Steildachs – auch Spitzboden). Um einen späteren Ausbau zur Wohnung zu ermöglichen und die "ausbaufähigen" Räume veräußern zu können, kann der teilende Eigentümer in der Teilungserklärung ein Ausbaurecht vorsehen. Ein solches Ausbaurecht sollte möglichst detailliert ausgestaltet sein, denn je pauschaler und undifferenzierter die Regelung ist, desto größer ist die Gefahr, dass sie ihren Zweck verfehlt und bestimmte Maßnahmen nicht abdeckt. Zu regeln ist zunächst der – genau zu bezeichnende – Inhalt des Ausbaurechts. Der Gemeinschaft sollte ein Recht zur baubegleitenden Kontrolle eingeräumt werden, das sie ohne eine entsprechende Vereinbarung nämlich nicht hat. Sodann sind das Nutzungsrecht zu regeln, die Folgekosten sowie ggf. die Anpassung des Kostenverteilungsschlüssels. Unklare Regelungen (z.B. Ausbaurecht "im Rahmen der baurechtlichen Bestimmungen nach noch einzuholender Baugenehmigung"), verursachen (Auslegungs-)Schwierigkeiten und sind zu vermeiden. Enthält die Ausbauregelung der Teilungserklärung keine Aussage zu etwaigen baulichen Folgekosten, sollen solche Kosten trotzdem ohne weiteres den ausbauenden Wohnungseigentümer treffen; außerdem kann die Gemeinschaft einen entsprechenden Beschluss gem. § 16 Abs. 2 S. 2 WEG fassen (→ § 2 Rdn 108).
Rz. 66
Oftmals sieht die Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung kein Ausbaurecht vor und trifft überhaupt keine Regelung zum Dachboden. Das ist vor allem dann misslich, wenn der Dachboden räumlich und/oder rechtlich nur einer Wohnung zugeordnet ist und zum Ausbau geradezu "einlädt". Manchmal wird eine Wohnung in solchen Fällen trotz fehlenden Ausbaurechts sogar "mit ausbaufähigem Dachboden" verkauft. (Zur Haftung des Verkäufers in solchen Fällen → § 12 Rdn 105). Der eigenmächtige Dachgeschossausbau kann zahlreiche Probleme aufwerfen, die nachfolgend erörtert werden.
Rz. 67
Beispiel:
Über der Dachgeschosswohnung des A befindet sich ein Spitzboden, der weder in der Teilungserklärung erwähnt noch im Aufteilungsplan gesondert ausgewiesen ist; er ist ausschließlich von der Wohnung des A aus zugänglich.
Variante: Der Spitzboden ist Teil des Wohnungseigentums, wird in der Teilungserklärung aber als Bühne (o.ä.) bezeichnet. A baut den Spitzboden eigenmächtig aus (Treppe, Dachflächenfenster, Heizung, Bad). Die Gemeinschaft verlangt den Rückbau in den ursprünglichen Zustand und die Unterlassung der Nutzung als Wohnraum. – Zu Recht. Der Spitzboden steht im Gemeinschaftseigentum, weil er nicht dem Sondereigentum zugewiesen wurde. A ist ohne Beschluss zur Veränderung oder Nutzung nicht berechtigt. (Zu Bereicherungsansprüchen im Falle der Vermietung → § 4 Rdn 79). In der Variante gehört der Dachboden zwar dem A, im Ergebnis ändert sich aber nichts, denn die bauliche Maßnahme widerspricht der Zweckbestimmung des Raums (→ § 2 Rdn 107). Solange kein Gestattungsbeschluss vorliegt, muss A die Wohnnutzung unterlassen (→ § 3 Rdn 7) und die Baumaßnahmen beseitigen. Nur ausnahmsweise kann das Gegenteil herauskommen: Wenn A den Ausbau nicht eigenmächtig, sondern mit Billigung der Gemeinschaft vorgenommen hat, kann er einen Anspruch auf Einräumung eines Sondernutzungsrechtes am Spitzboden haben (→ § 2 Rdn 107, Beispiel d).
Rz. 68
Mitbenutzungsrecht der Miteigentümer? Im vorstehenden Beispielsfall wollen die Miteigentümer B und C den Spitzboden mitbenutzen. Weil dafür die Wohnung des A betreten werden muss, hält dieser den Schutz seiner Privatsphäre dagegen. – Nach einer formal konsequenten Auffassung darf A den Spitzboden – der seiner Zweckbestimmung nach als gemeinschaftlicher Abstellraum dienen soll – nicht allein nutzen; vielmehr sind die Miteigentümer B und C zum Mitgebrauch berechtigt, so dass A ihnen aus diesem Grund zumindest einen gelegentlichen Zutritt ermöglichen muss. Angesichts der besonderen Bedeutung, die die Wohnung als Lebensmittelpunkt und Bereich der Privatsphäre hat (Art. 13 GG), ist dies dem A aber nicht zumutbar; es verbleibt beim Betretungsrecht in den (engen) Grenzen des § 14 Abs. 1 Nr. 2 WEG.
Rz. 69
Sonderfall Galeriewohnung. A gehört eine Galeriewohnung. Er baut die Galerie, die über eine Innentreppe von der "Hauptwohnung" aus erschlossen wird, zu Wohnraum aus. Die Miteigentümer betrachten zumindest die obersten Teile der "Galerie" als gemeinschaftlichen Spitzbodenraum und verlangen den Rückbau. – Ohne Erfolg. Die Galerie gehört zum Sondereigentum an der Wohnung. Es handelt sich also um eine...