Rz. 128
Zur Beseitigung verpflichtet (passivlegitimiert) ist jedenfalls derjenige Miteigentümer (bzw. dessen Erben oder Gesellschafter), der die Maßnahme durchgeführt oder veranlasst hat. Er haftet als Handlungsstörer, und zwar auch dann, wenn er womöglich schon längst aus der Gemeinschaft ausgeschieden ist. Differenziert zu betrachten ist die Frage der Haftung eines Sonderrechtsnachfolgers, also des aktuellen Eigentümers. Der aktuelle Eigentümer ist ein Zustandsstörer: Ein solcher hat die bauliche Veränderung nicht selbst durchgeführt, hält den beeinträchtigenden Zustand aber "bei wertender Betrachtung durch seinen maßgeblichen Willen zumindest aufrecht". Ein Zustandsstörer ist i.d.R. nicht zur Beseitigung, aber zur Duldung der Beseitigung verpflichtet.
Rz. 129
Beispiel
Miteigentümer A hat seine Wohnung mit einem bereits vorhandenen unzulässigen Dachflächenfenster erworben. – A ist kein Handlungsstörer und deshalb nicht verpflichtet, das Fenster selber zu beseitigen und den früheren Zustand wiederherzustellen. Er muss diese Maßnahme aber gem. § 14 Nr. 4 Halbsatz 1 WEG dulden. Die Gemeinschaft kann den Rückbau auf Gemeinschaftskosten wie eine Erhaltungsmaßnahme beschließen und nach der Beschlussfassung ohne weiteres zur Tat schreiten. Es ist nicht erforderlich, ja noch nicht einmal möglich, die Duldung des A in einem separaten Verfahren zu erzwingen, nachdem der BGH entschieden hat: "Der Eigentümer muss den Störer nicht auf Duldung der Selbstbeseitigung in Anspruch nehmen, sondern er kann von seinem Recht – unter Umständen nach vorheriger Ankündigung – ohne weiteres Gebrauch machen; eine gerichtliche Klärung kann er ggf. durch einen Feststellungsantrag herbeiführen." Nur wenn das Betreten der Wohnung des Störers erzwungen werden muss, ist eine entsprechende Klage erforderlich (Muster → § 6 Rdn 57).
Rz. 130
Wenn ein Handlungsstörer auf Rückbau in Anspruch genommen wird, ist es seine Sache, sich um eine eventuell erforderliche Duldung durch den aktuellen Wohnungseigentümer (den Zustandsstörer) zu kümmern. Die klagende WEG ist nicht verpflichtet, diese Duldung gesondert zu erzwingen.
Rz. 131
Beispiel
Im vorstehenden Beispielsfall verklagt die Gemeinschaft den Voreigentümer erfolgreich auf Beseitigung des unzulässigen Dachfensters; ein Duldungstitel gegen den jetzigen Wohnungseigentümer A wird nicht erstritten. Die Zwangsvollstreckung gegen den Voreigentümer erfolgt nicht gem. § 887 ZPO, denn es liegt keine vertretbare Handlung vor. Zwar kann jeder beliebige Dritte das Dachflächenfenster beseitigen; die Beseitigung hängt aber rechtlich von der Duldung des A ab, die der zum Rückbau verpflichtete Voreigentümer als unvertretbare Handlung erwirken muss. Die Zwangsvollstreckung gegen den Voreigentümer richtet sich also nach § 888 ZPO (Androhung und Verurteilung zu Zwangsgeld → § 10 Rdn 210). Zur Abwendung des Zwangsgelds muss der Voreigentümer alles in seiner Macht Stehende tun, um die Mitwirkung des aktuellen Eigentümers (A) herbeizuführen, z.B. durch das Angebot einer angemessenen Zahlung. Es verhält sich im Prinzip nicht anders als bei der Vollstreckung gegen den Eigentümer einer vermieteten Wohnung bei Störungen durch den Mieter (→ § 4 Rdn 134).
Rz. 132
Die Rspr. hat in manchen Fällen die Haftung des Zustandsstörers erweitert. Demnach kann in besonders gelagerten Fällen auch der Zustandsstörer auf Beseitigung in Anspruch genommen werden, wenn die Störung, die von seinem Sondereigentum oder von seinem Sondernutzungsrecht ausgeht, nicht nur von ihm aufrechterhalten wird, sondern ihm die Beseitigung auch tatsächlich und rechtlich möglich ist. Das wurde z.B. dann bejaht, wenn der Eigentümer wild wuchernde Pflanzen, die der Voreigentümer gesetzt hatte, nicht zurückschneiden wollte, aber auch bei baulichen Veränderungen. Es handelt sich aber um Ausnahmefälle.