Rz. 144

Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist eine Art Sozialhilfe. In Bezug auf den Prozess-/Verfahrenskostenhilfeantrag ist das Formular gemäß § 117 Abs. 3 und 4 ZPO auszufüllen. Dort sind die persönlichen Daten anzugeben, des Weiteren die Einkommens- und Vermögensverhältnisse. Es ist mit der Einreichung zu erklären, dass die Angaben vollständig und richtig sind sowie dass das Formular komplett ausgefüllt und belegt ist. Der Rechtsanwalt, welcher seinem Mandanten dabei behilflich ist, das Formular auszufüllen, kann auf diese Weise prüfen, ob es lückenlos ausgefüllt worden ist. Anlagen sind zu nummerieren[118] und beizufügen. Die Nummern der Belege sind im Antrag anzugeben. Nach § 118 Abs. 2 S. 2 ZPO kann das Gericht Erhebungen anstellen, insbesondere die Vorlage von Urkunden zur Glaubhaftmachung anordnen und Auskünfte einholen. Vielfach wird die Vorlage von ungeschwärzten Kontoauszügen für einen Zeitraum von drei bis sechs Monaten vor Antragstellung[119] verlangt, weil das Gericht prüfen will, ob die Angaben zur Einnahmen- und Ausgabenseite zutreffen. Kommt der Mandant dem nicht nach, kann die Bewilligung von Kostenhilfe verweigert werden, selbst wenn keine konkreten Anhaltspunkte für Falschangaben bestehen.

 

Rz. 145

Der beauftragte Rechtsanwalt sollte für den Mandanten errechnen, ob die wirtschaftlichen Voraussetzungen gegeben sind (insbesondere, um damit einen Zeitverlust im Hinblick auf die Rechtsverfolgung des Mandanten durch ein absehbar erfolgloses PKH/VKH-Verfahren zu vermeiden). Zur Berechnung oder Überprüfung empfiehlt sich folgendes Grundschema (mit zurzeit geltenden Beträgen gemäß der Bekanntmachung zu § 115 ZPO – Prozesskostenhilfebekanntmachung 2020 – PKHB 2020 – vom 20.12.2019; BGBl I S. 2942). Auszugehen ist zunächst vom Bruttoeinkommen, von dem Folgendes abzuziehen ist:

auf das Einkommen entrichtete Steuern,
Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung und der Beiträge zur Arbeitsförderung,
Beiträge zu Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen, soweit diese Beiträge gesetzlich vorgeschrieben oder nach Grund und Höhe angemessen sind, sowie geförderte Altersvorsorgebeiträge nach § 82 EStG, soweit sie den Mindesteigenbeitrag nach § 86 EStG nicht überschreiten,
das Arbeitsförderungsgeld und Erhöhungsbeträge des Arbeitsentgelts nach § 43 S. 4 SGB IX.

Berechnungsschema zur Ermittlung des anrechenbaren Einkommens nach § 115 Abs. 1 ZPO:

 
Nettoarbeitseinkommen des Antragstellers […] EUR
zuzüglich des Netto-Durchschnittseinkommens aus selbstständiger oder sonstiger Arbeit sowie geldwertes Einkommen […] EUR
zuzüglich Rente/erhaltener Unterhalt/Arbeitslosengeld […] EUR
zuzüglich Wohngeld […] EUR
zuzüglich Kindergeld […] EUR
zuzüglich sonstiges Einkommen; z.B. geldwerte Vorteile […] EUR
abzüglich notweniger, berufsbedingter Aufwendungen aus unselbstständiger Tätigkeit […] EUR
abzüglich angemessener Kosten für Unterkunft und Heizung […] EUR
abzüglich gesetzlicher/angemessener Versicherungsbeiträge […] EUR
abzüglich angemessener Zins- und Tilgungsraten […] EUR
Tilgungsleistungen zur Eigenheimfinanzierung […] EUR
abzüglich Freibetrag Erwerbstätige 228,00 EUR
abzüglich Freibetrages für PKH beantragende Partei 501,00 EUR
abzüglich Freibetrages für zusammenlebenden Ehegatten/Lebenspartner abzüglich eigenen Einkommens 501,00 EUR
abzüglich Freibetrages für jede weitere naturalunterhaltsberechtigte Person abzüglich eigenen Einkommens  
a) Erwachsene 400,00 EUR
b) Jugendliche von Beginn des 15. bis Vollendung des 18. Lebensjahres 381,00 EUR
c) Kinder von Beginn des 7. bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres 358,00 EUR
d) Kinder bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres 289,00 EUR
abzüglich pauschalen Mehrbedarfes für Personen mit Ausweis G, Schwangere ab der zwölften Woche, Kranke, Alleinerziehende […] EUR
abzüglich zu berücksichtigenden gezahlten Barunterhaltes […] EUR
= einzusetzendes Einkommen nach § 115 Abs. 1 ZPO […] EUR
 

Rz. 146

Anhand des einzusetzenden Einkommens ist zu berechnen, ob und ggf. in welcher Höhe eine monatliche Rate an die Landeskasse zu zahlen ist. § 115 Abs. 2 S. 1 ZPO a.F. regelte dies anhand einer Tabelle. Nunmehr sieht § 115 Abs. 2 ZPO vor, dass die Hälfte des verbleibenden Einkommens als jeweilige Monatsrate festzusetzen ist. Sie ist auf volle EUR abzurunden. Beträgt die Monatsrate weniger als 10,00 EUR, ist von einer Festsetzung abzusehen. Bei einem einzusetzenden Einkommen von mehr als 600,00 EUR beträgt die Monatsrate 300,00 EUR zuzüglich des Teils des Einkommens, der 600,00 EUR übersteigt, § 113 Abs. 2 S. 3 ZPO: Faktisch liegt die Monatsrate bei einem einzusetzenden Einkommen von mehr als 600,00 EUR damit in dieser Höhe abzüglich 300,00 EUR.

 

Rz. 147

Berechnungsbeispiele:

Das monatliche einzusetzende Nettoeinkommen beträgt 310,00 EUR:
Die zu zahlende Monatsrate beläuft sich auf 155,00 EUR (= ½ von 310,00 EUR gem. § 115 Abs. 2 S. 1, 1. Hs. ZPO).
Das monatliche einzusetzende Nettoeinkommen beträgt 661,00 EUR:
Die zu zahlende Monatsrate beläuft sich auf 361,00 EUR (= 300,00 EUR + ...

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