Dr. iur. Kerstin Diercks-Harms, Dr. iur. Rüdiger Brodhun
Rz. 51
Eine schnelle und effektive Kommunikation kann einen erheblichen Wettbewerbsvorteil darstellen. Insofern dürfte das Telefonieren an erster Stelle stehen, bei eigenen Anrufen am besten ohne Umweg über das Vorzimmer.
I. Mit dem Mandanten
Rz. 52
Der typische Telefon-Mandant verlangt eine fast ständige Erreichbarkeit seines Anwalts. Sowohl bei diesem, aber auch bei weniger aktiven Auftraggebern darf die Dokumentation des Telefongesprächs in der Akte nicht fehlen. Wichtige Mitteilungen sollten dem Mandanten im Nachgang schriftlich oder mittels elektronischer Form bestätigt werden. Auch wenn ein Anwalt mündliche Informationen aus berufsrechtlicher Sicht ebenso mündlich an seinen Mandanten weitergeben darf, sollte sich eine derartige Vorgehensweise jedoch nur auf Ausnahmefälle und allein hierauf beschränken (soweit sich dies aus dem Informationsinhalt oder der knappen Zeit ergibt). Ob nämlich eine mündliche Information den Mandanten überhaupt gedanklich erreicht, ist zweifelhaft, denn: "Gesagt ist noch nicht gehört. Gehört ist noch nicht verstanden. Verstanden ist noch nicht einverstanden." Sollte es später zu Unstimmigkeiten im Mandatsverhältnis kommen, ist dann möglicherweise nicht mehr verlässlich zu klären, ob und wann die Information dem Mandanten fehlerfrei zugegangen ist. Wegen des unsicheren Informationsinhalts sind Telefonate daher "notorisch streitanfällig".
Rz. 53
Nichtsdestoweniger sollte eine gebührende telefonische Erreichbarkeit gewährleistet sein. Nicht erreichbare Anwälte – besonders solche, die nicht zurückrufen – bringen aufseiten des Mandanten Unzufriedenheit hervor. Dieser reagiert ggf. mit Unsicherheit; eine später nicht bezahlte Rechnung kann bisweilen ebenfalls auf eine so begründete Verdrossenheit zurückzuführen sein.
II. Mit der Rechtsschutzversicherung
Rz. 54
Falls der Mandant zwar rechtsschutzversichert ist, die konkrete Angelegenheit aber nicht unter das versicherte Wagnis fällt, kann es sich empfehlen, beim Versicherungsagenten anzurufen und eine Kulanzlösung anzusprechen, beispielweise mittels einer Kostenbeteiligung. Insbesondere, wenn ein Vertragsverhältnis schon lange besteht und die Versicherung bisher noch nicht (häufig) in Anspruch genommen worden ist, lässt sich u.U. ein zufriedenstellendes Ergebnis finden.
III. Mit dem gegnerischen Rechtsanwalt/der Gegenpartei
Rz. 55
Gespräche mit dem gegnerischen Anwalt kommen vor allem in Betracht, wenn die Möglichkeiten eines Vergleichs ausgelotet werden sollen. Dies dient durchaus dem Interesse des Mandanten. Zu beachten ist aber, dass die Verpflichtung zur Verschwiegenheit, § 43a Abs. 2 S. 1 BRAO, auch hier nicht verletzt werden darf; davon darf auch bei einer zugesicherten Vertraulichkeit nicht abgewichen werden. Letztendlich dürfte dies bedeuten, dass im Gespräch mit der Gegenseite nicht über den Austausch bekannter Standpunkte hinausgegangen werden darf. Über das Gespräch ist der Mandant zu informieren.
Rz. 56
In Bezug auf die Abrechnung einer Angelegenheit ist die Erledigung eines Verfahrens durch eine hierauf gerichtete telefonische Besprechung interessant, denn für den Rechtsanwalt fällt die Terminsgebühr gemäß Teil 3, Vorbem. 3 Abs. 3 S. 1 und 3 Alt. 2 VV RVG an. Maßgebend ist, dass mit dieser Regelung das ernsthafte Bemühen des Prozessbevollmächtigten um einen Abschluss des Verfahrens ohne Beteiligung des Gerichts honoriert und damit zugleich die außergerichtliche Streitbeilegung – auch zur Entlastung der Gerichte – gefördert werden soll (Mitwirkung an einer Besprechung, welche auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichtet ist). Dies lässt sich auch durch ein Telefongespräch mit dem gegnerischen Rechtsanwalt erreichen.
Rz. 57
Kritisch sind Gespräche mit dem nicht anwaltlich vertretenen Gegner zu bewerten. Es besteht durchaus die Gefahr, dass die Gegenseite im Nachhinein den Inhalt eines Gespräches abweichend vom Rechtsanwalt bewerten würde, und überdies, dass der Mandant Misstrauen darüber hegen könnte, was im Einzelnen besprochen worden ist. Ein Telefonat mit der Gegenpartei könnte auch als eine unangemessene Annäherung an die andere Partei verstanden werden.
IV. Mit dem Gericht
Rz. 58
Auch mit dem Gericht kann kein "vertrauliches" Telefonat geführt werden. Die Verpflichtung zur Verschwiegenheit gilt auch hier.
Rz. 59
In Betracht kommt, dass ein Richter seiner Aufklärungsverpflichtung gemäß § 139...