Dr. iur. Kerstin Diercks-Harms, Dr. iur. Rüdiger Brodhun
Rz. 93
Bei Verhandlungen ist die Verjährung des Anspruchs bis zur Fortsetzungsweigerung durch eine der Parteien gehemmt, § 203 BGB. Die Zeit der Verhandlungen wird also in die Verjährungszeit nicht eingerechnet.
Rz. 94
Der Verhandlungsbegriff ist weit auszulegen. Es genügt jeder Meinungsaustausch der Parteien über den Anspruch, sofern das Begehren des Gläubigers nicht sofort und eindeutig abgelehnt wird. Verhandlungen schweben schon dann, wenn der in Anspruch Genommene Erklärungen abgibt, von denen der andere Teil annehmen darf, er lasse sich auf Erörterungen über die Berechtigung des Anspruchs ein. Reagiert der Anspruchsgegner aber gar nicht, muss der Anwalt anderweitige Maßnahmen ergreifen, um die Verjährung zu hemmen.
Rz. 95
Der den Gläubiger vertretende Rechtsanwalt muss unbedingt regelmäßig kontrollieren, ob der Schuldner zu weiteren Gesprächen noch bereit ist. Ist das nicht der Fall, läuft die Verjährungsfrist wieder. Die Verjährung tritt aber frühestens drei Monate nach dem Verhandlungsende ein, § 203 S. 2 BGB. Der Gläubigervertreter muss also berechnen, wann die neue Verjährungsfrist endet oder seine Ansprüche umgehend gerichtlich geltend machen.
Rz. 96
Zur erleichterten Beweisführung für die Dauer des Schwebens der Verhandlungen sind dem Schuldner ggf. Protokollvermerke über die Verhandlungen zu übersenden.
Rz. 97
Der Rechtsanwalt des Schuldners hingegen sollte schriftlich mitteilen, wenn er nicht mehr bereit ist, weiter zu verhandeln. Er wird dann ggf. später geltend machen können, dass die Vergleichsverhandlungen beendet und die Ansprüche nicht länger gehemmt waren, sodass er sich dann möglicherweise auf Verjährung berufen kann.