1. Begriff der "anderen baulichen Veränderungen"

a) Vorrang der Kostentragungsregelungen in § 21 Abs. 1 und 2 WEG

 

Rz. 116

Der in § 21 Abs. 3 S. 1 WEG gebrauchte Begriff "anderer als der in den Absätzen 1 und 2 bezeichneten baulichen Veränderungen" ist nicht präzise. Es kommt auf die Kostenverteilung nach § 21 Abs. 1 und 2 WEG an. Eine der von § 21 Abs. 1 S. 1 WEG erfassten Maßnahmen etwa des barrierefreien Zugangs kann durchaus der Kostenregelung nach § 21 Abs. 3 WEG unterfallen, wenn sie gemeinschaftlich beschlossen wird. Der Sinn der Vorschrift ist aber klar: Bauliche Veränderungen, deren Kosten nicht nach § 21 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 S. 1 WEG verteilt werden, tragen alle Wohnungseigentümer, die sie beschlossen haben, nach dem Verhältnis ihrer Anteile. Sofern nicht alle bei dem Beschluss mitgewirkt haben, wachsen den anderen deren Anteile nach dem Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile zu.

b) Beschränkung auf mehrheitlich beschlossene bauliche Veränderungen

 

Rz. 117

Im Ergebnis ist der Anwendungsbereich von § 21 Abs. 3 S. 1 WEG auf bauliche Veränderungen beschränkt, die auf dem Mehrheitswillen beruhen, aber nicht die doppelt qualifizierte Mehrheit des § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 WEG erreichen. Auf Verlangen durch Beschluss gestattete bauliche Veränderungen scheiden ebenso aus, wie solche, deren Durchführung auf Verlangen einzelner Wohnungseigentümer beschlossen wurden. Denn sie unterfallen bereits der Kostentragungsregelung in § 21 Abs. 1 S. 1 WEG.

2. Kostentragungspflichtige

a) Unerheblichkeit des Einverständnisses nach § 20 Abs. 3 WEG

 

Rz. 118

Als Kostentragungspflichtige bezeichnet § 21 Abs. 3 S. 1 WEG die Wohnungseigentümer, die die bauliche Veränderung beschlossen haben. Im Gegensatz zum früheren Recht ist also das bloße Einverständnis mit der baulichen Veränderung für die Kostenlast unerheblich. Einem Wohnungseigentümer, der sich nach § 20 Abs. 3 WEG mit einer baulichen Veränderung einverstanden erklärt, erwächst alleine hierdurch kein Kostennachteil. Selbst wenn die Maßnahme hierauf durch Beschluss gestattet wird, ist die Kostenregelung nach § 21 Abs. 1 S. 1 WEG vorrangig.

b) Mitwirkung am Beschluss

 

Rz. 119

§ 21 Abs. 3 S. 1 WEG bürdet die Kostentragung insoweit konsequent den Miteigentümern auf, die die bauliche Veränderung beschlossen haben. Dies bedeutet eine Ja-Stimme bei der Stimmabgabe, da Enthaltungen wie nicht abgegebene Stimmen zählen. Gegen den Beschluss stimmende Wohnungseigentümer und Abwesende sind ebenfalls von der Kostenlast befreit. Sofern nicht alle Wohnungseigentümer für die bauliche Veränderung stimmen, wachsen den Zustimmenden die Anteile der übrigen nach dem Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile zu. Im Falle der Sonderrechtsnachfolge wird diese besondere Kostenlast ähnlich wie die allgemeine für die sonstigen Kosten auf den Sonderrechtsnachfolger übergehen.

 

Rz. 120

 

Praxistipp

Diese Gestaltung der Kostenlast kann Trittbrettfahrer-Effekte hervorrufen. Befürwortet ein Wohnungseigentümer eine bauliche Veränderung, ohne sich an deren Kosten beteiligen zu wollen, ist ihm zu raten, sich einfach zu enthalten. Umgekehrt kann diese Regelung für diejenigen, die für eine bauliche Veränderung stimmen wollen, sehr gefährlich werden. Hebt etwa nur ein uninformierter Miteigentümer bei der Frage, wer für den Beschluss stimmt, die Hand, während sich die anderen zu seinem Erstaunen enthalten, trägt er die Kosten der baulichen Veränderung alleine. Denn der Beschluss der baulichen Veränderung kommt dann, da nur die Mehrheit der abgegebenen Stimmen erforderlich ist, mit seiner Stimme zustande.

3. Folgen für die Verwalterpraxis

a) Feststellung derjenigen, die für die bauliche Veränderung stimmen

 

Rz. 121

Die Regelung des § 21 Abs. 3 S. 1 WEG stellt die Verwalter vor neue Herausforderungen. Denn die Kostenverteilung nach § 21 Abs. 3 S. 1 WEG erfordert die Feststellung derjenigen, die für den Beschluss gestimmt haben. Der Versammlungsleiter, in der Regel also der Verwalter, muss das Abstimmungsverhalten zumindest soweit dokumentieren, als die Stimmen für die bauliche Veränderung betroffen sind. Dies setzt implizit eine offene Abstimmung voraus. Eine geheime Abstimmung wird er bei baulichen Veränderungen, deren Kosten sich nach § 21 Abs. 3 S. 1 WEG richten, künftig nicht mehr zulassen können.

b) Fehlende Feststellungen zum Abstimmungsverhalten

 

Rz. 122

Völlig offen bleibt nach Text und Begründung des Gesetzes, wie zu verfahren ist, wenn die Stimmen für eine bauliche Veränderung nicht dokumentiert wurden oder aus sonstigen Gründen (etwa aufgrund eines Verlusts von Unterlagen) nicht mehr feststellbar sind. Wird der Beschluss bereits ohne Feststellung der Stimmen für die bauliche Veränderung gefasst, dürfte er ordnungsmäßiger Verwaltung widersprechen und daher anfechtbar sein. Hier dürfte Ähnliches gelten wie bei sonstigen Beschlüssen, die kostspielige Maßnahmen vorsehen, ohne dass deren Finanzierung gesichert ist. Wird er bestandskräftig oder geht die Dokumentation des Abstimmungsverhaltens verloren, dürfte nichts anderes übrig bleiben, als die Kosten nach dem allgemeinen Schlüssel des § 16 Abs. 2 S. 1 WEG auf alle Wohnungseigentümer nach dem Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile umzulegen.

 

Rz. 123

 

Praxistipp

Diese möglichen Folgen zeigen, wie wichtig eine ordentliche Dokumentation des Abstimmungsverhaltens ist. Die Gegner der baulichen Veränderung müssen mit allem Nachdruck hierauf drängen.

4. Nutzungen

 

Rz. 124

Als Ausgleich für die Kostenlast sieht § 21 Abs. 3 S. 2 WEG vor, dass nur d...

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