aa) Anschaffungs- und Veräußerungsvorgang
Rz. 54
Wird im Rahmen der Erbauseinandersetzung von Privatvermögen durch Realteilung von einem Miterben ein Spitzen- oder Wertausgleich (Abfindung) geleistet, weil er wertmäßig mehr erhält, als ihm nach seiner Erbquote zusteht, liegt insoweit ein Anschaffungs- und Veräußerungsvorgang vor. Die Abfindungszahlung (also das über seine Erbquote hinausgehende "Mehr") stellt beim Erben Anschaffungskosten dar. Derjenige, der die Abfindung erhält, erzielt einen Veräußerungserlös. Für die Zahlung der Abfindung bedarf es nach Ansicht der Finanzverwaltung regelmäßig einer gesonderten Vereinbarung zwischen den Beteiligten, da sich eine derartige Abwicklung nicht aus dem erbrechtlichen Auseinandersetzungsanspruch ergibt. Nach Auffassung der Finanzverwaltung liegen allerdings dann keine Anschaffungskosten vor, wenn der (aus externen Mitteln geleiteten) Abfindungszahlung die Übernahme liquider Nachlassmittel (z.B. Bargeld, Bankguthaben, Schecks) in gleicher Höhe gegenübersteht, weil es sich wirtschaftlich um einen Leistungsaustausch "Geld gegen Geld" handelt (der einer Rückzahlung der Abfindungszahlung gleichzustellen ist).
Rz. 55
Wird ein Wirtschaftsgut gegen Abfindungszahlung von einem Miterben erworben, berechnen sich der entgeltlich und der unentgeltlich erworbene Teil des Wirtschaftsgutes nach dem Verkehrswert. Nach Ansicht der Finanzverwaltung kann in der Regel davon ausgegangen werden, dass der Verkehrswert dem Wert entspricht, den die Miterben der Erbauseinandersetzung zugrunde gelegt haben.
Rz. 56
Ein bei den abgefundenen Miterben entstandener Veräußerungsgewinn ist bei Privatvermögen steuerpflichtig, wenn z.B. bei Grundvermögen die Voraussetzungen der Spekulationsbesteuerung i.S.d. § 23 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 EStG vorliegen (siehe § 12 Rdn 2 ff.>).
bb) Aufteilung von Abfindungsleistungen
Rz. 57
Erhält ein Miterbe alle oder mehrere Wirtschaftsgüter des Nachlasses gegen Leistung einer Abfindung an die übrigen Miterben, ist die Abfindung nach dem Verhältnis der Verkehrswerte der Wirtschaftsgüter aufzuteilen. Für die Aufteilung der Anschaffungskosten ist einer nach außen hin erkennbaren Zuordnung durch die Erben zu folgen, soweit die Aufteilung nicht zu einer unangemessenen wertmäßigen Berücksichtigung der einzelnen Wirtschaftsgüter führt. Gleiches gilt, wenn im Rahmen der Erbauseinandersetzung mehrere Miterben einen Nachlassgegenstand gegen Abfindungszahlungen erhalten.
cc) Absetzung für Abnutzung
Rz. 58
Wurde die Erbengemeinschaft durch Realteilung gegen Abfindungszahlung auseinandergesetzt, kommt es beim Erwerber hinsichtlich der weiteren Abschreibungen bei vermieteten Nachlassimmobilien grundsätzlich zu zwei verschiedenen Abschreibungen, den sog. "AfA-Linien":
▪ |
Bezüglich des unentgeltlich erworbenen Anteils führt der erwerbende Miterbe gem. § 11d Abs. 1 EStDV die Abschreibung des Rechtsvorgängers, mithin die von der Erbengemeinschaft vorgenommene Abschreibung, (anteilig) fort. |
▪ |
Bezüglich des entgeltlich (durch Leistung der Abfindungszahlung) erworbenen Anteils sind für den erwerbenden Miterben für die künftige Abschreibung seine Anschaffungskosten als Bemessungsgrundlage im Rahmen des § 7 EStG zugrunde zu legen. Die der Abschreibung zugrunde zu legende "Restnutzungsdauer" richtet sich nach der tatsächlichen künftigen Nutzungsdauer – bei Gebäuden nach den hierfür geltenden Vorschriften i.S.d. § 7 EStG – des Wirtschaftsgutes im Zeitpunkt der Erbauseinandersetzung. |
Rz. 59
Es kann sich also bei Gebäuden für die beiden "AfA-Linien" (den unentgeltlich und den entgeltlich erworbenen Teil) eine unterschiedliche Abschreibungsdauer ergeben.