Rolf Schaefer, Dipl.-Jur. Malte Schaefer
Rz. 54
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Rechtsschutzversicherung den Versicherungsnehmer auch von Kostenvorschussnoten gemäß § 9 RVG freizustellen hat. Verlangt der vom Versicherungsnehmer beauftragte Rechtsanwalt einen Vorschuss i.S.d. § 9 RVG, wird der Kostenbefreiungsanspruch gegenüber dem Rechtsschutzversicherer insoweit fällig.
Wie wichtig es auch bei rechtsschutzversicherten Mandanten ist, Vorschüsse zu nehmen, zeigt folgender Beispielsfall:
Beispiel: Insolvenz des Mandanten
Der Rechtsanwalt vertrat einen Arbeitgeber. Dieser musste seine Kosten tragen. Er hatte eine Rechtsschutzversicherung. Als der Rechtsanwalt seine Gebühren abrechnete, ging seine Mandantschaft in Insolvenz. Die Rechtsschutzversicherung zahlte die Anwaltskosten nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens an den Anwalt.
Rz. 55
Der Schuldbefreiungsanspruch des Versicherungsnehmers gegenüber seinem Rechtsschutzversicherer hinsichtlich der von ihm seinem Anwalt gegenüber geschuldeten Anwaltskosten wandelt sich mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Versicherungsnehmers in einen entsprechenden Anspruch auf Zahlung an die Masse des Insolvenzverwalters gegen die Rechtsschutzversicherung. Der Anwalt ist nach Bereicherungsgrundsätzen verpflichtet, dass von dem Rechtsschutzversicherer erhaltene Anwaltshonorar an den Insolvenzverwalter herauszugeben. § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO steht einer Aufrechnung des Rechtsanwaltes mit seinem Gebührenanspruch entgegen.
Rz. 56
In einem solchen Fall kann der Rechtsanwalt seine Gebührenforderung lediglich als sog. einfacher Insolvenzgläubiger (§ 38 InsO) geltend machen. Er wird daher am Ende des Insolvenzverfahrens regelmäßig nur einen Bruchteil seiner Forderung erhalten.
Beispiel: Zahlungsverzug des Mandanten mit der Versicherungsprämie
Befindet sich der Mandant in Verzug mit der Zahlung der Versicherungsprämie, kann der Rechtsanwalt für den Versicherungsnehmer die Aufrechnung mit dem Anspruch auf Erstattung der Kosten gemäß der Kostenvorschussnote erklären. Dadurch können Rechtsfolgen nach § 38 Abs. 2 (Leistungsfreiheit) oder § 38 Abs. 3 VVG (Kündigung durch die Rechtsschutzversicherung) vermieden werden.
Rz. 57
Zu denken ist hinsichtlich des Zahlungsverzuges mit der Versicherungsprämie ferner an die Fälle, in denen eine Rechtsschutzversicherung zunächst vorbehaltlos Deckungsschutz schriftlich zusagt, danach sich aber die Verhältnisse ändern. Solche Änderungen können eintreten, wenn eine neue Versicherungsprämie fällig wird und der Versicherungsnehmer nicht zahlt. Der Arbeitnehmer kann zum Beispiel oft nicht zahlen, nachdem der Arbeitgeber fristlos gekündigt hat und die Agentur für Arbeit für die ersten 12 Wochen – zunächst – kein Arbeitslosengeld zahlt. In dieser Zeit hat der Arbeitnehmer keine Einnahmen. Der Versicherer kann dann qualifiziert mahnen (§ 38 Abs. 1 VVG) und ist leistungsfrei für die Versicherungsfälle, die nach Ablauf der gesetzten Zahlungsfrist eintreten; § 38 Abs. 2 VVG (z.B. vorsorgliche betriebsbedingte Kündigung, Zeugniserteilung).
Tipp
Auch von rechtsschutzversicherten Mandanten sollten Vorschüsse angefordert werden. Die Freistellung des Mandanten von den Kosten kann der Rechtsanwalt für den Versicherungsnehmer bei der Rechtsschutzversicherung gleichzeitig mit der Deckungsanfrage geltend machen.
Rz. 58
Mit der Einführung des RVG kam es vor, dass Rechtsschutzversicherer eine Kostenvorschussnote über eine Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2300 VV in Höhe der Regelgebühr von 1,3 zunächst lediglich in Höhe von 0,9 oder 1,1 ausglichen mit der Begründung, der Rechtsschutzversicherer erachte die niedrigere Gebühr als ausreichend und angemessen. Als Antwort auf ein solches Schreiben genügte regelmäßig ein Anruf oder ein kurzes Schreiben an den Rechtsschutzversicherer, in dem die Kriterien, die gemäß § 14 RVG eine Regelgebühr von 1,3 rechtfertigen, dargelegt werden. Wenn die Angelegenheit umfangreich oder schwierig war, kann der Rechtsanwalt eine Geschäftsgebühr bis zu einem Gebührensatz von 2,5 verlangen. Dass die Angelegenheit umfangreich oder schwierig gewesen ist, hat der Rechtsanwalt bzw. der Versicherungsnehmer darzulegen, wenn er vom Versicherer die Übernahme von einer Vergütung in dieser Höhe verlangt. Bei einem Vorschuss auf die Geschäftsgebühr sollte darauf hingewiesen werden, dass der Gebührensatz nur vorläufig in Ansatz gebracht wird und erst nach Abschluss der Angelegenheit verbindlich vom Anwalt bestimmt werden kann.
Schwierigkeiten bereitet auch der Umfang des Versicherungsschutzes. Kommt der Versicherungsnehmer zum Rechtsanwalt, weil der Arbeitgeber ihn versetzen will und der Versicherungsnehmer die Versetzung für rechtswidrig hält, möchte die Rechtsschutzversicherung ihre Deckungszusage gern auf diesen Streitgegenstand begrenzen. Der Arbeitnehmer kann auf den Konflikt aber auch mit dem Wunsch reagieren, dass Arbeitsverhältnis zu beenden. Wenn die Rechtmäßigkeit der streitigen Versetzung vor Gericht geklärt werden soll, wird auch das Arbeitsgericht darüber sprech...