Dieter Trimborn van Landenberg
Rz. 104
Es mag Fälle geben, in denen der Bevollmächtigte schon lange vor Eintritt der Geschäftsunfähigkeit vom Vollmachtgeber großzügige Schenkungen erhalten hat, so dass sich die Frage der "selbstsegnenden Schenkung" nicht stellt. Verhält sich ein Bevollmächtigter nach Eintritt des Vorsorgefalls unredlich, sei es in finanziellen oder aber in persönlichen Angelegenheiten, kann auch eine lange zurückliegende Schenkung wegen groben Undanks in Form des Vollmachtsmissbrauchs zurückgefordert werden.
Rz. 105
Der BGH hatte zu den Pflichten des Bevollmächtigten im Lichte des groben Undanks Stellung genommen.
Fall (vereinfacht)
Die Vollmachtgeberin übertrug ihrem Sohn 2004 das Wohnhaus unter Vorbehalt eines lebenslangen Wohnrechts. 2009 erteilte sie ihm eine Vorsorgevollmacht. Nach einem Sturz in ihrer Wohnung musste sie stationär behandelt werden und sollte danach eine Kurzzeitpflege antreten. Inzwischen hatte der Sohn einen unbefristeten Heimvertrag für eine vollstationäre Pflegeeinrichtung abgeschlossen. Weiterhin kündigte er ohne Rücksprache mit der Mutter den Hausnotrufvertrag sowie den Telefonanschluss. Der Sohn handelte unstreitig auf Empfehlung des sozialmedizinischen Dienstes des Krankenhauses, der einen dauerhaften Heimaufenthalt anregte. Die Mutter selbst hatte er nicht gefragt, da er diese für dement hielt
Die Mutter widerrief die Vorsorgevollmacht, kehrte in ihre Wohnung zurück und verlangte die Rückübertragung des Hauses wegen groben Undanks.
Der BGH hat den Fall zurückverwiesen und dem Instanzgericht zur Aufgabe gegeben, die "bestmögliche Wahrung der personellen Autonomie" des Vollmachtgebers zum Maßstab einer Prüfung des groben Undanks zu machen:
Zitat
Ein grob undankbares Verhalten kann sowohl mangels Umständen, die objektiv die gebotene Rücksichtnahme auf die Belange des Schenkers vermissen lassen, als auch deshalb zu verneinen sein, weil sich das Verhalten des Beschenkten jedenfalls subjektiv nicht als Ausdruck einer undankbaren Einstellung gegenüber dem Schenker darstellt. Die Beurteilung der subjektiven Seite des Tatbestands kann jedoch in der Regel erst dann erfolgen, wenn sich der Tatrichter darüber Rechenschaft abgelegt hat, welche Sachverhaltselemente objektiv geeignet sind, einen den Widerruf der Schenkung rechtfertigenden Mangel an von Dankbarkeit geprägter Rücksichtnahme zum Ausdruck zu bringen.
Bei der objektiven Gesamtwürdigung der Umstände kann insbesondere zu berücksichtigen sein, dass ein Schenker, der dem Beschenkten durch eine umfassende Vollmacht die Möglichkeit gegeben hat, in seinem Namen in allen ihn betreffenden Angelegenheiten tätig zu werden und erforderlichenfalls auch tief in seine Lebensführung eingreifende Entscheidungen zu treffen, zu denen er selbst nicht mehr in der Lage sein sollte, einen schonenden Gebrauch von den sich hieraus ergebenden rechtlichen Befugnissen unter bestmöglicher Wahrung seiner personellen Autonomie erwarten darf.
Daraus folgt, dass ein Vollmachtgeber die Möglichkeit hat, wirksam gegen einen undankbaren Bevollmächtigten vorzugehen. Den Erben des Vollmachtgebers steht dieses Recht nur unter den engen Voraussetzungen des § 530 Abs. 2 BGB zu, so dass in einem solchen Fall ggf. ein Mitbevollmächtigter zu Lebzeiten den Widerruf erklären sollte.