Rz. 535
Wollen beide Ehegatten den Scheidungsausspruch sofort, noch im Termin, rechtskräftig werden lassen, besteht die Möglichkeit eines beiderseitigen Rechtsmittelverzichts, § 67 FamFG. Der Rechtsmittelverzicht hat zur Folge, dass die Ehescheidung nicht erst nach Ablauf der Beschwerdefrist von einem Monat (§ 63 FamFG) rechtskräftig wird, sondern bereits zum Zeitpunkt des Rechtsmittelverzichts im Termin zur Ehescheidung. Rechtsmittelverzicht ist möglich, wenn nach Bekanntgabe des Beschlusses der Ehescheidung durch Erklärung gegenüber dem Gericht auf die Möglichkeit, Beschwerde gegen den Beschluss einzulegen, verzichtet wird, § 67 Abs. 1 FamFG.
Rz. 536
Gemäß § 144 FamFG besteht aber die Möglichkeit, trotz Rechtsmittelverzichts gegen den Scheidungsausspruch, dessen Anfechtung im Wege der Anschließung an ein Rechtsmittel in einer Folgesache zu erwirken. Um diese Möglichkeit zu umgehen, müssen die Ehegatten im Termin nicht nur erklären, auf Rechtsmittel zu verzichten, sondern auch auf die Anfechtung des Scheidungsausspruchs im Wege der Anschließung an ein Rechtsmittel in einer Folgesache.
Rz. 537
Bei einer Verbundentscheidung war es bis vor kurzem möglich, sich trotz Rechtsmittelverzichts der Beschwerde eines Versorgungsträgers im Wege der Anschlussbeschwerde anzuschließen. Diese Möglichkeit und die damit verbundene Gefahr, komplette Verbundentscheidungen auszuhebeln, wurde gestrichen. In § 145 Abs. 3 FamFG heißt es jetzt:
Zitat
"Durch die Anschließung an die Beschwerde eines Versorgungsträgers kann der Scheidungsausspruch nicht angefochten werden."
Rz. 538
Bei einem Rechtsmittelverzicht handelt es sich um eine Verfahrenshandlung, die nur durch einen Rechtsanwalt wirksam erklärt werden kann, § 114 FamFG. Ist lediglich ein Ehegatte anwaltlich vertreten, kann deshalb nicht wirksam auf Rechtsmittel verzichtet werden. Denn der nicht anwaltlich vertretene Ehegatte hat keine Möglichkeit, einen Rechtsmittelverzicht zu erklären. Deshalb gibt es den sogenannten "Fluranwalt". Dieser wird kurzfristig mandatiert und auch nur mit der Weisung, den Rechtsmittelverzicht zu erklären. Das kann problematisch sein. Der spontan beauftragte Rechtsanwalt ist und war bis zu diesem Zeitpunkt mit der Angelegenheit nicht befasst, hat keine Hintergrundinformationen und ist aufgrund des vor Ort herrschenden Zeitmangels auch nicht in der Lage, das in aller Schnelle nachzuholen. Er haftet aber trotzdem für die Folgen seines Handelns. Der Anwalt hat für solche Schäden einzustehen, die nicht eine bloß zufällige ursächliche Verbindung zu seinem Verhalten aufweisen, sondern im Kreis der Gefahren liegen, zu deren Abwendung die verletzte Vertragspflicht übernommen wurde. Zu berücksichtigen ist aber auch, dass die Entscheidung, einen nicht informierten Anwalt mit der Erklärung zu beauftragen, bewusst getroffen wurde. Es ist demnach im jeweiligen Fall zu prüfen, in welchem Umfang der Fluranwalt für einen durch den Rechtsmittelverzicht entstandenen Schaden haftet. Einer Haftung aber entgeht er nicht.
Rz. 539
Hinweis
Verzichten beide Ehegatten nach Verkündung des Beschlusses, dass die Ehe geschieden ist, auf die Möglichkeit, gegen diesen Beschluss Rechtsmittel einzulegen, wird der Beschluss bereits in dem Moment der wirksamen Erklärung des Rechtsmittelverzichts rechtskräftig und nicht erst mit Verstreichen der Rechtsmittelfrist. Bei Verbundverfahren bedarf es zusätzlich des Verzichts auf Anschlussrechtsmittel.
Bei der Erklärung eines Rechtsmittelverzichts handelt es sich um eine Verfahrenshandlung, zu deren Wirksamkeit es der Vertretung durch einen Rechtsanwalt bedarf.
Wichtig!
Der Fluranwalt haftet nach den Regeln der Anwaltshaftung.