Rz. 544
Gemäß § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG in Verbindung mit § 269 Abs. 1, Abs. 2 ZPO kann der Scheidungsantrag in jeder Instanz zurückgenommen werden. Bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung ist die Rücknahme des Scheidungsantrags ohne Zustimmung des Antragsgegners möglich. Die mündliche Verhandlung wird dadurch eingeleitet, dass die Beteiligten die Anträge stellen, § 137 Abs. 1 ZPO. Solange also weder von dem Antragsteller noch dem Antragsgegner ein Antrag, in diesem Falle der Scheidungsantrag, gestellt worden ist, kann der Antragsteller den Scheidungsantrag ohne Zustimmung des anderen zurücknehmen. Das wiederum hat zur Folge, dass in dem Fall, in dem der Antragsgegner nicht anwaltlich vertreten ist, der Antragsteller den Scheidungsantrag sogar noch nach Erlass aber vor Rechtskraft des die Ehescheidung beinhaltenden Beschlusses wirksam ohne Zustimmung des Antragsgegners zurücknehmen kann. Denn da gemäß § 114 Abs. 1 FamFG für das Ehescheidungsverfahren Anwaltszwang herrscht, kann der Antragsgegner nicht zur Hauptsache verhandeln, also keine rechtswirksamen Anträge stellen. Ein Zustimmungserfordernis entfällt damit. Die Rücknahmeerklärung ist in diesem Fall gegenüber dem erstinstanzlichen Gericht abzugeben. Eine Beschwerde mit dem Ziel, die Rücknahme des Scheidungsantrags zu erklären, ist dann mangels Rechtsschutzbedürfnis nicht zulässig.
Rz. 545
Das verschafft dem Antragsteller die Möglichkeit, nach Erlass des Beschlusses Entscheidungen über damit einhergehende Folgesachen, wie beispielsweise über den Versorgungsausgleich und den Zugewinnausgleich, wirkungslos werden zu lassen. Denn die Wirkungen der Rücknahme des Scheidungsantrags erstrecken sich grundsätzlich auch auf die Folgesachen, § 141 S. 1 FamFG. Der Antragsgegner kann also die zu den Folgesachen ergangenen Entscheidungen einfach ihrer noch nicht eingetretenen aber bevorstehenden Rechtswirksamkeit berauben, indem er den Scheidungsantrag zurücknimmt. Das ist innerhalb der laufenden Beschwerdefrist möglich, also einen Monat nach Bekanntgabe des Scheidungsbeschlusses, § 63 FamFG. Die Kosten des Verfahrens hat gemäß § 150 Abs. 2 S. 1 FamFG derjenige zu tragen, der den Scheidungsantrag zurückgenommen hat. Umgangen werden kann dies nur durch den Vortrag, dass diese reguläre Kostenverteilung im Hinblick auf eine Versöhnung der Ehegatten unbillig ist, § 150 Abs. 4 S. 1 FamFG.
Rz. 546
Wird der Scheidungsantrag nach Verhandlung zur Hauptsache zurückgenommen, bedarf die Rücknahme der Zustimmung durch den Antragsgegner, §§ 113 Abs. 1 FamFG, 296 Abs. 1 ZPO. Hierfür bedarf es keiner anwaltlichen Vertretung, § 114 Abs. 4 Nr. 3 FamFG. Die Zustimmung kann konkludent erklärt werden, ebenso wie die Verweigerung der Zustimmung zum Beispiel durch das Stellen eines eigenen Scheidungsantrags. Nehmen beide Ehegatten ihre Scheidungsanträge zurück, liegt eine Versöhnung vor. Soll erneut Scheidungsantrag gestellt werden, muss abermals der Ablauf des Trennungsjahres abgewartet werden muss.
Rz. 547
Hinweis
Die Rücknahme des Scheidungsantrags ist bis zur Rechtskraft des die Ehescheidung beinhaltenden Beschlusses möglich.
Die Rücknahme des Scheidungsantrags bewirkt, dass die Ehe nicht geschieden werden kann, da Letzteres nur auf Antrag eines Ehegatten möglich ist.
Die rechtlichen Wirkungen der Rücknahme des Scheidungsantrages wirken sich auch auf die Entscheidungen über die Folgesachen aus, die mit rechtlich wirksamer Rücknahme des Scheidungsantrags wirkungslos werden.
Haben beide Ehegatten Scheidungsantrag gestellt und nehmen beide vor Rechtskraft des Scheidungsausspruchs jeweils ihren Scheidungsantrag zurück, gilt dies als Versöhnung zwischen den Ehegatten. Soll dann erneut Scheidungsantrag eingereicht werden, muss zunächst wieder der Ablauf eines Trennungsjahres abgewartet werden.