Rz. 196

Neben dem Getrenntleben ist für diesen Anspruch weitere Voraussetzung, dass die Ehegatten das gemeinsame Sorgerecht für die minderjährigen Kinder haben. Die elterliche Sorge umfasst die Sorge für die Person des Kindes (Personensorge) und das Vermögen des Kindes (Vermögenssorge), § 1626 Abs. 1 BGB. Aus § 1626a BGB, der für den Fall, dass die Eltern nicht miteinander verheiratet sind, Regeln hinsichtlich des Sorgerechts aufstellt, folgt, dass miteinander verheiratete Eltern grundsätzlich das gemeinsame Sorgerecht innehaben.[206]

 

Rz. 197

Des Weiteren muss entweder der andere Ehegatte dem Übertragungsantrag zustimmen, § 1671 Abs. 2 Nr. 1 BGB, oder es muss zu erwarten sein, dass die Aufhebung der gemeinsamen Sorge und die Übertragung auf den Antragsteller dem Kindeswohl am besten entspricht, § 1671 Abs. 2 Nr. 2 BGB.

 

Rz. 198

Bei der Zustimmung zu der Übertragung des Sorgerechts auf einen Ehegatten handelt es sich um eine Erklärung, die keinen Formvorschriften entsprechen muss. Zu ihrer Wirksamkeit ist lediglich Voraussetzung, dass sie ernsthaft und ohne Zwang dem Gericht gegenüber bekanntgegeben wurde. Sie kann allerdings ebenso formfrei widerrufen werden, und zwar spätestens bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung der Tatsacheninstanz.[207]

 

Rz. 199

Eine Übertragung des Sorgerechts auf einen Ehegatten entspricht dann dem Kindeswohl, wenn es zwischen den Ehegatten an elterlicher Kooperationsbereitschaft oder -fähigkeit fehlt.[208] Das wiederum ist zu bejahen, soweit es sowohl an der objektiven Kooperationsfähigkeit als auch an der subjektiven Kooperationswilligkeit fehlt.[209] Die Ehegatten müssen, damit die elterliche Sorge gemeinsam ausgeübt werden kann, in der Lage sein, zu Entscheidungen im Interesse des Kindes zu gelangen und dafür gegebenenfalls ihre eigenen Interessen zurückstellen zu können.[210] Sind die Ehegatten hierzu nicht in der Lage, ist das Kindeswohl gefährdet und eine Übertragung des alleinigen Sorgerechts oder eines Teils davon auf einen Ehegatten zu beantragen bzw. auszusprechen.

 

Rz. 200

 

Hinweis

Damit mit der Trennung ein Anspruch auf Übertragung der elterlichen Sorge auf einen Ehegatten entstehen kann, müssen die Ehegatten die gemeinsame elterliche Sorge für das (minderjährige) Kind innehaben.

Eine Kindeswohlgefährdung liegt vor, wenn es zwischen den Eltern an der elterlichen Kooperationsbereitschaft fehlt.

[206] Völker/Clausius, FamRMandat–Sorge- und Umgangsrecht, § 1 Rn 223.
[207] Völker/Clausius, FamRMandat–Sorge- und Umgangsrecht, § 1 Rn 231.
[208] OLG Brandenburg, Beschl. v. 14.1.2010 – 9 UF 66/09 – FamRZ 2010, 1257, openJur 2012, 12180; Völker/Clausius, FamRMandat–Sorge- und Umgangsrecht, § 1 Rn 237.
[209] OLG Brandenburg, Beschl. v. 15.10.2013 – 3 UF 115/13, Entscheidungsdatenbank Berlin-Brandenburg, openJur 2013, 41827; Völker/Clausius, FamRMandat–Sorge- und Umgangsrecht, § 1 Rn 238.
[210] OLG Köln, Beschl. v. 11.10.2002 – 4 UF 24/02, FamRZ 2003, 1011, NRWE (Rechtsprechungsdatenbank NRW), openJur 2011, 20550.

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