Rz. 77
Trennen sich die Ehegatten, steht die Ehe noch unter dem Schutz des Art. 6 Abs. 1 GG. Die Ehe hat noch Bestand. Trotzdem ändert sich mit der Trennung die rechtliche Situation zwischen den Ehegatten. Denn das Eheband ist sozusagen bereits gelöst, die Ehegatten sollen darauf vorbereitet und davor gewarnt werden, dass die Auflösung der Ehe Folgen hat und welche das sind. Die Trennung ist zwingende Voraussetzung und Vorstufe für die Durchführung der Ehescheidung. Wegen dieser zum Teil weitreichenden Rechtsfolgen müssen besondere Voraussetzungen vorliegen. Nicht jede räumliche Distanz oder ein irgendwie gearteter Entschluss der Ehegatten, die Ehe anders als bisher weiter zu führen, ist gleich eine Trennung.
I. Voraussetzungen
Rz. 78
Die Trennung besteht aus zwei Aspekten, der subjektiven Trennungsabsicht und dem objektiven Tatbestandsmerkmal der Trennung.
1. Trennungsabsicht
Rz. 79
Trennungsabsicht liegt vor, wenn ein Ehegatte die eheliche Lebensgemeinschaft ablehnt und die häusliche Gemeinschaft aufheben will. Der Trennungswille muss zwingend auch nach außen erkennbar sein. Das kann durch Erklärung ("Ich trenne mich von Dir") geschehen, aber auch durch Einreichen des Scheidungsantrags oder Auszug aus der bis dahin gemeinsam genutzten Ehewohnung. Es muss für jeden objektiven Betrachter eindeutig erkennbar sein, dass der Trennungswillige beabsichtigt, die eheliche Gemeinschaft aufzuheben. Da die Gestaltung der ehelichen Lebensgemeinschaft den Ehegatten überlassen ist, diese darin frei sind, liegt mangels nach außen verdeutlichtem Trennungswillen zum Beispiel keine Trennung vor, wenn zwar die Ehegatten innerhalb der Wohnung voneinander getrennt leben, dies aber über einen Zeitraum von drei Jahren, ohne dass einer der Beteiligten den Scheidungsantrag einreicht und letzteres auch nicht absehbar ist. Denn allein die Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft reicht für die Annahme einer Trennung im rechtlichen Sinne nicht aus. Es muss zusätzlich der Wille hervortreten, jegliche Form des gemeinsamen Lebens zu beenden.
Rz. 80
Da die Erklärung der Trennungsabsicht keine Willenserklärung ist, finden die für Willenserklärungen entsprechenden Vorschriften keine Anwendung. Das bedeutet, dass es weder einer Form bedarf noch einem Minderjährigen als beschränkt Geschäftsfähigem die Möglichkeit einer rechtswirksamen Erklärung der Trennungsabsicht verwehrt ist.
Rz. 81
Bereits aufgrund des inneren Willensentschlusses, sich zu trennen, können Ansprüche gegen den anderen Ehegatten entstehen, beispielsweise ein Anspruch auf Wohnungszuweisung nach § 1361b BGB. Es ist deshalb im Einzelfall zu prüfen, darzulegen und unter Beweis zu stellen, ob und seit wann Trennungsabsicht der oder des Beteiligten vorlag. Es muss dargelegt und bewiesen werden, zu welchem Zeitpunkt eindeutig erkennbar war, dass der eine Ehepartner den Willen hatte, die eheliche Lebensgemeinschaft zu lösen und die häusliche Gemeinschaft aufzuheben. Entsprechende Beweismittel sind zu sichern. Unter Umständen sollte dazu geraten werden, die Mitteilung der Trennung vorsorglich schriftlich nachzuholen.
Rz. 82
Hinweis
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Trennungsabsicht eines Ehegatten liegt vor, wenn der jeweilige Ehegatte die eheliche Lebensgemeinschaft ablehnt und die häusliche Gemeinschaft aufheben will. |
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Die Trennungsabsicht muss (objektiv) nach außen hin erkennbar sein. |
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Die Kundgabe der Trennungsabsicht ist keine Willenserklärung, so dass auch Minderjährige sie rechtswirksam erklären können. |
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Gegebenenfalls sollte die Trennungsabsicht dem anderen Ehegatten gegenüber schriftlich mitgeteilt werden. |
2. Trennung von Tisch und Bett
Rz. 83
Damit eine Trennung im rechtlichen Sinne vorliegen kann, muss neben dem rein subjektiven Element der Trennungsabsicht das Nichtbestehen der häuslichen Gemeinschaft hinzukommen. Das ist das faktische und allgemein bekannte Getrenntleben. Es bedarf hierzu einer dauernden "Trennung von Tisch und Bett". Dafür ist eine objektive Feststellung der Tatsache notwendig – auf den Willen der Beteiligten kommt es hinsichtlich dieser tatsächlichen Feststellung weder an, noch genügt er.
a) Auszug aus der gemeinsamen Wohnung
Rz. 84
Eine Trennung von Tisch und Bett kann unproblematisch festgestellt werden, wenn ein Ehegatte aus der bis dato gemeinsam genutzten Ehewohnung ausgezogen ist und eine räumliche Distanz zu dem anderen Ehegatten geschaffen hat.
Rz. 85
Unter Umständen reicht aber allein ein Wohnungsauszug nicht für die Annahme des Getrenntlebens. Besteht nämlich trotz der räumlichen Distanzierung die eheliche Wirtschaftsgemeinschaft fort, ist eine Trennung zu verneinen. Das kann der Fall sein, wenn die Ehegatten nachweisbar weiterhin über gemeinsame Konten verfügen und mit diesem gemeinsamen Geld "wirtschaften". Haben die Eheleut...