Rz. 490
Der Scheidungsantrag wird mit Zustellung an den Antragsgegner rechtshängig, § 113 Abs. 1 FamFG, § 253 ZPO.
aa) Örtliche Zuständigkeit des Familiengerichts
Rz. 491
Die Rechtshängigkeit der Ehescheidungssache hat verfahrensrechtlich zur Folge, dass sämtliche bereits anhängige Folgesachen, wie zum Beispiel Ehewohnungs- und Haushaltssachen oder Versorgungsausgleichs- oder Unterhaltssachen per Gesetz an das Gericht abgegeben werden müssen, an dem das Ehescheidungsverfahren rechtshängig ist (beispielsweise § 203 FamFG). Diese Abgabe ist nicht anfechtbar.
bb) Ehezeitende
Rz. 492
Da die Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags das Ehezeitende markiert, zieht sie rechtliche Folgen nach sich.
(1) Anspruch auf Zahlung von Vorsorgeunterhalt gemäß § 1361 Abs. 1 S. 2 BGB
Rz. 493
Vom Eintritt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags an gehören zum Anspruch auf Trennungsunterhalt auch die Kosten einer angemessenen Versicherung für den Fall des Alters sowie der verminderten Erwerbsfähigkeit, § 1361 Abs. 1 S. 2 BGB. Da nach der Scheidung in der Regel der Versorgungsausgleich durchgeführt wird, sind die Ehegatten bis zur Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags an der Altersversorgung des Ehepartners beteiligt. Dies ändert sich mit Rechtshängigkeit. Denn die Ehezeit endet am letzten Tag des Monats vor Zustellung des Scheidungsantrags, § 3 Abs. 1 VersAusglG. Damit mit diesem Zeitpunkt keine Versorgungslücke entsteht, erwächst dem Bedürftigen ein Anspruch auf Vorsorgeunterhalt nach § 1361 Abs. 1 S. 2 BGB, also mit dem ersten Tag des Monats, in dem der Scheidungsantrag zugestellt wurde.
(2) Berechnung des Endvermögens im Rahmen des Zugewinnausgleichs
Rz. 494
Gemäß §§ 1384, 1376 Abs. 1 BGB wird für die Berechnung des Endvermögens im Rahmen des Zugewinnausgleichs der Wert zugrunde gelegt, den das Vermögen bei Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags hatte. Danach eintretende Vermögensänderungen sind ohne Bedeutung. Die Zugewinnausgleichsforderung aus der anhand der bewerteten Anfangs- und Endvermögen errechneten Differenz entsteht aber erst mit Rechtskraft der Ehescheidung, § 1378 Abs. 3 BGB, weil auch der Güterstand der Zugewinngemeinschaft erst dann beendet ist.
(3) Ehezeitende bei Versorgungsausgleich
Rz. 495
Die Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags setzt das Ehezeitende im Sinne des § 3 Abs. 1 VersAusglG. Mit dem letzten Tag des Monats vor Zustellung des Scheidungsantrags endet die Ehezeit. Das hat also zur Folge, dass Versorgungsanrechte, die die Ehegatten nach Zustellung des Scheidungsantrags erwerben, nicht mehr in den Versorgungsausgleich einzubeziehen sind, § 3 Abs. 2 VersAusglG.
(4) Erlöschen des gesetzlichen Erbrechts
Rz. 496
Das gesetzliche Erbrecht des Ehegatten erlischt ohne weiteres Zutun mit Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags, § 1933 BGB. Folge dessen ist, dass der Ehegatte von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen wird, also sowohl sein gesetzliches Erbrecht aus § 1931 BGB untergeht als auch sein Pflichtteilsrecht nach § 2303 BGB.
(5) Unwirksamkeit einer letztwilligen Verfügung
Rz. 497
Eine letztwillige Verfügung, durch die der Erblasser seinen Ehegatten bedacht hat, ist unwirksam, wenn zur Zeit des Todes des Erblassers die Voraussetzungen für die Scheidung einer Ehe gegeben waren und der Erblasser die Scheidung beantragt oder ihr zugestimmt hat, § 2077 Abs. 1 S. 2 BGB. Mit Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags gilt die durch § 2077 Abs. 3 BGB widerlegliche Vermutung, dass die letztwillige Verfügung unwirksam ist. Diese Vermutung kann nur dadurch widerlegt werden, dass der überlebende Ehegatte vorträgt und unter Beweis stellt, dass der Erblasser die letztwillige Verfügung auch für den Fall der Scheidung getroffen haben würde.
(6) Nichtigkeit eines gemeinschaftlichen Testaments
Rz. 498
Mit Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags wird ein von den Ehegatten errichtetes gemeinschaftliches Testament seinem ganzen Inhalt nach unwirksam, § 2268 Abs. 1 BGB.
(7) Erbvertragliche Zuwendungen an Dritte
Rz. 499
Auch für den Fall, dass im Rahmen eines Erbvertrages zwischen Ehegatten ein Dritter bedacht wurde, gilt diese Zuwendung als unwirksam, sobald der Scheidungsantrag rechtshängig ist, § 2279 Abs. 2 BGB.