Dr. iur. Klaus-Peter Horndasch
Rz. 135
Objektiv liegt ein Getrenntleben vor, wenn keine häusliche Gemeinschaft besteht und die Eheleute ihre Gemeinsamkeiten aufgehoben haben. Die Trennung ist verwirklicht, wenn Eheleute, die bisher eine gemeinsame Ehewohnung bewohnt haben, durch Auszug mindestens eines Ehegatten nunmehr verschiedene Wohnungen bewohnen oder in der gemeinsamen Ehewohnung eine getrennte Lebensführung stattfindet.
Während des vorangegangenen Zusammenlebens muss es aber nicht zu einer wirtschaftlichen Verflechtung zwischen den Ehegatten gekommen sein. Hat allerdings die Unterhaltsbedürftigkeit nicht ihre Ursache im vorangegangenen Zusammenleben der Eheleute, wird eine Herabsetzung oder die Versagung von Unterhaltsansprüchen in Betracht kommen, § 1579 Nr. 8 BGB. Ein Ehegatte nach Kundgabe seines Trennungswillens nach Auffassung des BGH wirtschaftlich nicht besser gestellt werden, als er vorher stand.
Rz. 136
Der Anspruch auf Trennungsunterhalt ist sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach nicht davon abhängig, wie die beiderseitigen Einkünfte während der Zeit der gemeinsamen Lebensführung verwendet worden sind. Dies gilt auch bei "moralischen Schieflagen", also dann, wenn eine der Eheleute schlicht auf Kosten des anderen Ehegatten gelebt und seine eigenen Einkünfte beiseite geschafft hatte oder wenn die Ehepartner streng getrennt gewirtschaftet hatten.
Der Anspruch auf Trennungsunterhalt setzt nach der Rechtsprechung des BGH nicht einmal voraus, dass die Eheleute überhaupt einmal zusammengelebt haben. Eine objektive häusliche Trennung im Sinne des § 1361 BGB liegt auch vor, wenn
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die Eheleute von Anfang an getrennt gelebt haben, weil |
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sie von Anfang an eine Ehe in getrennten Wohnungen führen wollten, etwa wegen des Bedürfnisses nach Beibehaltung restlicher Selbstständigkeiten, |
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ein Ehepartner sich während der Ehezeit ständig in Strafhaft befunden hat, |
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weit entfernten beruflichen Standorten mit Wohnungen an den unterschiedlichen Orten, |
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es zu einem geplanten Einzug in eine gemeinsame eheliche Wohnung nicht (mehr) gekommen ist oder |
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auch dann, wenn die Ehepartner sich (erst) später aus beruflichen oder ähnlich gelagerten Gründen getrennte Wohnungen genommen haben. |
Gegen die Rechtsprechung des BGH wird in der Fachliteratur eingewendet, dass damit das Maß des Unterhalts nicht entsprechend den von den Eheleuten einvernehmlich gestalteten Lebensverhältnissen bestimmt wird, sondern faktisch eine Einkommensgemeinschaft fingiert wird.
Rz. 137
Bei einer Trennung innerhalb der ehelichen Wohnung, muss sich dies in allen Lebensbereichen dokumentieren. Derjenige, der die Trennung innerhalb der Ehewohnung herbeiführen will, muss sich daher in allen wesentlichen Bereichen von einer konkreten Führung eines Familienhaushalts absondern.
Es ist zu trennen:
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Essen, |
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Schlafen, |
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Versorgung des Haushalts incl. des Waschens der eigenen Wäsche etc, |
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Gestaltung der Freizeit. |
Wohn- und Schlafbereiche müssen aufgeteilt sein. Wird etwa das Schlafzimmer weiter genutzt, liegt auch dann keine Trennung vor, wenn es zwischen den Eheleuten keinerlei körperlichen Kontakt gibt.
Im Falle der Hilfsbedürftigkeit eines Ehegatten darf das Maß der Hilfeleistung notwendige Maßnahmen nicht übersteigen.
Gemeinsames Zusammentreffen muss als lediglich aufgrund räumlicher Nähe nicht vermeidbare Gemeinsamkeiten anzusehen sein. Ein Getrenntleben ist deshalb nicht zu verneinen, weil es nur ein Badezimmer und eine Küche in der Ehewohnung gibt, die zu teilen sind. Eine getrennte Nutzung von Küche, Bad, WC ist grundsätzlich ein Zeichen der Trennung.
Rz. 138
Untergeordnete Gemeinsamkeiten, etwa wegen Kindesbetreuung, sind unerheblich.
Sonstige geringe Gemeinsamkeiten, wie das dem trennungswilligen Teil aufgedrängte Putzen der Wohnung und Waschen der Wäsche, steht der Annahme des Getrenntlebens nicht entgegen, wenn sie sich in einer Gesamtwürdigung als unwesentlich darstellen.
Rz. 139
Hinweis
Wer sich darauf beruft, getrennt zu leben, hat die Tatsache der Trennung zu beweisen. Beim Bewohnen einer gemeinsamen Ehewohnung wird ein solcher Beweis schwerlich gelingen.
Rz. 140
Streiten Eheleute über den Zeitpunkt oder das Vorliegen einer Trennung, kann durch (Zwischen-) Festellungsantrag erreicht werden, dass das Gericht den Trennungszeitpunkt mit Rechtskraftwirkung feststellt. Auf diese Weise kann der Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen in anderen Verfahren begegnet werden, die ebenfalls an den Trennungszeitpunkt anknüpfen wie z.B. Verfahren nach §§ 1361, 1361a, 1361b, 1375 Abs. 2, 1566 BGB.
Rz. 141
Muster 4.12: Zwischenfeststellungsantrag zum Trennungszeitpunkt
Muster 4.12: Zwischenfeststellungsantrag zum Trennungszeitpunkt
(volles Rubrum)
Es wird festgestellt,
dass die Beteiligten seit dem _________________________ voneinander getrennt leben.
Begründung:
Das Scheidungsverfahren zwischen den Beteiligten ist rechtshängig seit Zustellung des Scheidungsantrags am _________________________ und wird vor dem erkennenden Gericht unter dem Aktenzeic...