Rz. 64

Nach § 1357 BGB ist jeder Ehegatte berechtigt, Geschäfte zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie mit Wirkung auch für den anderen Ehegatten zu besorgen. Durch solche Geschäfte werden beide Ehegatten berechtigt und verpflichtet.

Die Vorschrift ist an die Stelle, der bis zum 1.7.1977 geltenden Regelung über die sog. Schlüsselgewalt getreten. Der Regelung der "Schlüsselgewalt" lag das Leitbild der Hausfrauen eher zu Grunde, das sodann aufgegeben worden ist.

Die Vorschrift erfasst nicht nur einen auf den Haushalt bezogenen Wirkungskreis, sondern darüber hinaus allgemein alle Geschäfte mit Wirkung auch für den anderen Ehegatten. Mit der Vorschrift des § 1357 BGB, der auch dem Gläubigerschutz dient[69] sind Geschäfte gemeint, die objektiv der Deckung des privaten Lebensbedarfs dienen, also einen Bezug zur Familienkonsumgemeinschaft aufweisen.[70]

 

Rz. 65

In diesem Zusammenhang können Eheleute miteinander vereinbaren, bis zu welcher Höhe sie jeweils nicht miteinander abgesprochen Geschäfte zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie abschließen können. Regelmäßig wird man einen Betrag einsetzen müssen, der dem Ehegatten jeweils ausreichende Möglichkeiten zur Deckung des Lebensbedarfs für die gesamte Familie lässt. Dies wird man durchschnittlich mit einem Betrag von im Einzelfall 1.000 EUR annehmen müssen.[71] Die Höhe des vereinbarten Betrages sollte sich jedoch an den durchschnittlichen Verbrauchsgewohnheiten von Familien in vergleichbarer sozialer Lage halten.[72]

Es ist aber durchaus möglich, einen wesentlich geringeren Betrag einzusetzen. Die Grenze von 100 EUR sollte dabei jedoch nicht unterschritten werden, da es sich sonst um eine Beschränkung bzw. faktische Aufhebung im Sinne des § 1357 Abs. 2 BGB handelt, die nach § 1357 Abs. 2 Satz 1 HS 2 BGB aufhebbar ist. Eine weitere Beschränkung kann nur berechtigt sein, wenn der jeweils andere Ehegatte zur Führung der Geschäfte nicht fähig ist oder ernstliche Gründe gegen seinen guten Willen sprechen.

 

Rz. 66

Eine Vereinbarung könnte wie folgt lauten:

Muster 4.8: Geschäfte zur Deckung des Lebensbedarfs

 

Muster 4.8: Geschäfte zur Deckung des Lebensbedarfs

Herr _________________________

und

Frau _________________________

vereinbaren was folgt und erklären vorab:

1. Wir sind miteinander verheiratete Eheleute. Wir sind durch Überschuldung in eine finanzielle Notlage geraten. Um unser Ausgabenvolumen zukünftig kontrollieren zu können, vereinbaren wir was folgt:
2. Jeder Ehegatte von uns bleibt berechtigt Geschäfte zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie mit Wirkung auch für den anderen Ehegatten zu besorgen. Wir beschränken uns wechselseitig aber dahingehend, dass wir vereinbaren, keine einseitigen Geschäfte tätigen, die mit einem Ausgabenvolumen von mehr als 1.000 EUR im Einzelfall verbunden sind. Wir wissen, dass diese Vereinbarung Dritten gegenüber nicht wirksam ist.

(Unterschriften der Beteiligten)

[69] BVerfG NJW 1990, 175.
[70] PWW/Weinrich, § 1357 Rn 6.
[71] Vgl. dazu BGH FamRZ 1985, 576; OLG Köln FamRZ 1991, 434.
[72] Grüneberg/Siede, § 1357 Rn 12.

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