Dr. iur. Klaus-Peter Horndasch
Rz. 972
Wohnkosten können unterschiedlich hoch sein, abhängig davon, ob man z.B. im ländlichen Raum oder im Innenbereich einer Großstadt wohnt. Dies bereitet häufig Probleme, weil innerhalb eines OLG-Bezirks einheitliche Selbstbehaltssätze gelten, aber auch innerhalb eines Bezirks sehr unterschiedlich hohe Wohnkosten auftreten können. Die Sozialhilfe verwendet nur für den allgemeinen Lebensbedarf pauschale Regelsätze und deckt die Wohnkosten in ihrer tatsächlichen Höhe.
Der daraus resultierenden Abweichung tragen die Oberlandesgerichte dadurch Rechnung, dass sie in ihren Selbstbehaltssätzen einen Wohnkostenanteil ausweisen. Das OLG Köln teilt die Wohnkosten nach Köpfen auf, wobei Kindern 20 % ihres Barunterhaltes zugerechnet werden.
Rz. 973
Unvermeidbare Mietkosten führen, soweit sie den im Selbstbehalt vorausgesetzten Betrag übersteigen, zu einer entsprechenden Erhöhung des Selbstbehaltes. Umgekehrt kann eine Herabsetzung des Selbstbehaltes veranlasst sein, wenn ein Teil des allgemeinen Lebensbedarfs des Verpflichteten anderweitig gedeckt ist, z.B. durch ein wohnkostenfreies Wohnen oder durch die Leistung des neuen Ehemannes zum Familienunterhalt in einer neuen Ehe.
Rz. 974
Allerdings ist insgesamt zu berücksichtigen, dass ein Betroffener häufig bewusst und gewollt ein Mietverhältnis auf niedrigem Niveau eingeht und damit auch auf gewissen Komfort verzichtet, um das dadurch Ersparte in anderer Weise verwenden zu können. Diese Entscheidung darf nicht durch Herabsetzung des Selbstbehaltes unterlaufen werden. Deshalb kommt die Herabsetzung des Selbstbehaltes nur dann in Betracht, wenn der Pflichtige in einer Region mit niedrigen Mieten lebt, ohne dass diese Wahl durch die Erwägung der Mietersparnis mitbestimmt worden wäre.
Rz. 975
Staatliches Wohngeld soll eine starke Mietbelastung reduzieren. Unterhaltsrechtlich maßgebend ist bei der Leistungsfähigkeit nicht das tatsächlich bezogene Wohngeld, sondern der insoweit bestehende Anspruch, weil der Unterhaltspflichtige die Obliegenheit hat, sich zumutbares Einkommen zu verschaffen. Das gilt in erhöhtem Maße im Mangelfall.
Rz. 976
Bei einer Familienwohnung müssen die Wohnkosten auf die Bewohner verteilt werden. Den Kindern könnte je ein Anteil von 20 % ihres Unterhalts angerechnet werden, während der Rest auf die Erwachsenen nach Köpfen zu verteilen wäre.
Rz. 977
Beispiel
M ist der einkommenslosen geschiedenen F 1 unterhaltspflichtig, sowie den Kindern A und B aus neuer Ehe im Alter von drei und sieben Jahren. M verdient bereinigt 1.700 EUR, hat unvermeidlich eine Warmmiete von 1.050 EUR zu zahlen und erhält 438 EUR Kindergeld.
Barunterhaltsanspruch der beiden Kinder 345,50 EUR und 286,50 EUR, zusammen 632 EUR.
Mietanteil 20 % des Kindesunterhaltes (632 EUR) x 0,20 = 126,40 EUR
anteilige Wohnkosten von M (neben F 2) (1.050 EUR – 126,40 EUR) / 2 = 461,80 EUR,
sie übersteigen den ausgewiesenen Betrag von 430 EUR um gerundet 32 EUR,
notwendiger Selbstbehalt von M 1.160 EUR + 32 EUR = 1.192 EUR