Dr. iur. Klaus-Peter Horndasch
Rz. 534
Der Empfänger der Unterhaltsleistung wird allerdings im Regelfall den Einwand des Wegfalls seiner Bereicherung nach § 818 Abs. 3 BGB erheben und erklären, dass er den Unterhalt für seine laufenden Lebensbedürfnisse verwendet hat.
Da hierfür im Regelfall – mit Ausnahme sehr gehobener Lebensumstände – eine Vermutung spricht, wird der Unterhaltsgläubiger mit seinem Versuch der Rückforderung häufig scheitern. Eine verschärfte Haftung nach § 820 Abs. 1 BGB kommt hier ebenso wenig wie bei einstweiligen Anordnungen in Betracht.
Rz. 535
Keine Entreicherung liegt vor, wenn die gezahlten Beträge oder Teile davon sich noch im Vermögen des Unterhaltsgläubigers befinden, auch wenn er sich davon Werte geschaffen hat, z.B. einen Wertgegenstand angeschafft oder Schulden getilgt hat. Die Vermögensvorteile müssen jedoch aufgrund der rechtsgrundlosen Zahlung entstanden sein.
Rz. 536
Der Bedürftige kann sich auf eine Entreicherung nach § 818 Abs. 3 BGB allerdings nicht berufen, wenn eine verschärfte Haftung eingreift. Nach § 241 FamFG greift die verschärfte Haftung bereits ab Rechtshängigkeit des Abänderungsverfahrens.
Vor Inkrafttreten des FamFG am 1.9.2009 musste zur Sicherung des Rückforderungsanspruchs zweigleisig vorgegangen werden: Das Abänderungsverfahren musste mit einem Rückforderungsverfahren zur Herbeiführung der verschärften Haftung nach § 818 Abs. 4 BGB verbunden werden. Die neue Regelung vereinfacht das Verfahren. Sie gilt aber ausschließlich bei Erhebung eines Abänderungsantrags nach §§ 238, 239, 240 FamFG, nicht im Falle eines negativen Feststellungsantrages bei einstweiligen Anordnungen oder bei Erhebung eines Leistungsantrags im Hauptsacheverfahren.
Rz. 537
Die verschärfte Haftung nach § 819 Abs. 1 BGB gilt von dem Zeitpunkt an, zu dem der Bereicherungsempfänger den Mangel des rechtlichen Grundes kennt. Er muss also wissen, dass er überzahlten Unterhalt ohne Rechtsgrund erhält. Die Bösgläubigkeit/positive Kenntnis ist nicht grundsätzlich vorhanden, weil der Unterhaltsgläubiger bis zur Entscheidung eines Gerichts im Abänderungsverfahren auch bei rechtlich unrichtiger Bewertung für seine abweichende Auffassung nicht als bösgläubig angesehen werden kann.
Nach § 820 Abs. 1 BGB liegt eine verschärfte Haftung bei ungewissem Erfolgseintritt vor. Dies ist aber nur dann der Fall, wenn beide Beteiligte von vornherein davon ausgehen, dass die Möglichkeit des Wegfalls des Rechtsgrundes besteht und deshalb mit einer Rückgabeverpflichtung zu rechnen ist.
Auch wenn eine entsprechende Anwendung des § 820 BGB auf "Leistungen unter Vorbehalt" bejaht wird, betrifft sie nur solche Grundvoraussetzungen, wie sie in Abs. 1 S. 1 des § 820 BGB formuliert sind und auf das Unterhaltsrecht nicht zutreffen. Eine Zahlung des Unterhaltsschuldners "unter Vorbehalt" kann daher lediglich die Bedeutung haben, dass die Zahlung kein Anerkenntnis darstellt und die Wirkung des § 814 BGB (Zahlung trotz Kenntnis der Nichtschuld) ausgeschlossen wird.
Rz. 538
Dem Entreicherungseinwand kann der Verpflichtete auf mehrere Weisen begegnen, zumindest dann, wenn Rechtshängigkeit des Abänderungsverfahrens vorliegt.
Im Abänderungsverfahren kann ein Vollstreckungsschutzantrag in analoger Anwendung von § 769 ZPO gestellt werden. Voraussetzung ist, dass die tatsächlichen Behauptungen, die den Antrag begründen, glaubhaft gemacht werden, § 769 Abs. 1 S. 2 ZPO.
Rz. 539
Hinweis
Ist die Einstellung der Zahlungen durch Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 769 ZPO ohne Sicherheitsleistung nicht gerechtfertigt, sollte hilfsweise beantragt werden, eine Einstellung gegen Sicherheitsleistung in entsprechender Höhe zu beschließen. Auf diese Weise können die hinterlegten Beträge im Falle des Erfolgs des Abänderungsverfahrens ohne Abstriche und unkompliziert zurückerlangt werden.
Rz. 540
Der Antrag auf Erlass der einstweiligen Anordnung zum Zwecke der Einstellung der Zahlungen ist dezidiert zu begründen und glaubhaft zu machen, da nach ständiger Rechtsprechung eine sofortige Beschwerde gegen einen abweisenden Antrag nicht statthaft ist.
Ist eine einstweilige Anordnung ergangen, muss der Verpflichtete den Antrag, dass der Bedürftige nach § 52 Abs. 2 FamFG das Hauptsacheverfahren einleiten muss, mit einem Rückforderungsantrag verbinden. Ist durch den Unterhaltsgläubiger bereits der Hauptsacheantrag gestellt, ist der Rückforderungsantrag als Gegenantrag zu stellen.
Rz. 541
§ 241 FamFG hat hinsichtlich Hauptsachetiteln seit dem 1.9.2009, dem Inkrafttreten des FamFG, die Rechtslage zugunsten des Pflichtigen verändert durch wesentliche Ausweitung der verschärften Haftung. Diese beginnt nicht, wie früher, ab Rechtshängigkeit des Rückforderungsverfahrens, sondern bereits ab Rechtshängigkeit des Abänderungsverfahrens.
Rz. 542
Verfahrensrechtlich mussten früher Abänderungsanträge oder negative Feststellungsanträge mit einem entsprechenden Rückforderungsantrag verbunden werden. Der Eintritt der Rechtshängigkeit im Sinne des § 818 Abs. 4 B...