Rz. 225

Zwar hat der Nachlasspfleger die Erben zu ermitteln, nicht aber deren Erbenstellung zu belegen. Er kann nicht den Erbschein für die (von ihm ermittelten) Erben beantragen.[126] Dies ist im Sinne von § 352 FamFG die Aufgabe der Erben soweit die Erben einen Erbschein begehren. Dennoch wird der Nachlasspfleger im Rahmen der Erbenermittlung bereits Personenstandsurkunden beschaffen. Nicht zuletzt deswegen, weil die Recherche nach Verwandten wesentlich anhand der ermittelten Personenstandsurkunden durchgeführt wird, sondern auch darum, weil die Pflegschaft nur dann einmal aufgehoben werden kann, wenn die Erben für das Nachlassgericht feststehen und deren Erbenstellung bestehen bleibt.[127] Wie sollte anderenfalls der Nachlasspfleger den Erfolg seiner Erbenermittlung dem Gericht gegenüber belegen können?

 

Rz. 226

Die Recherche sollte zielgerichtet in der Reihenfolge der Erbfolgeordnungen durchgeführt werden, so dass erst dann in einer höheren Erbordnung recherchiert wird, wenn feststeht, dass näher berechtigte Erben nicht vorhanden sind (vgl. § 1930 BGB).

 

Rz. 227

In der 1. Erbordnung gilt es die Frage zu klären, ob der Erblasser Nachkommen und, soweit diese bereits verstorben sind, Enkel oder Urenkel usw. hatte. Hinweise zu den verwandtschaftlichen Verhältnissen, die von Verwandten oder Bekannten des Erblassers stammen, sind immer mit der nötigen Vorsicht zu betrachten und sollten generell überprüft werden – das gilt natürlich auch für die folgenden Ordnungen. Einer Aussage wie "Mein Vater hat mich adoptiert als ich noch ein Kleinkind war" sollte nicht vorschnell Vertrauen geschenkt werden, denn später stellt sich evtl. heraus, dass nur eine Einbenennung bei der Eheschließung erfolgt ist und es sich um keine Adoption im Rechtssinne handelt.

Auch eine Aussage wie "der Erblasser hatte keine Kinder" sollte den Nachlasspfleger nicht dazu verleiten, die Recherchen nun sofort in der 2. Erbordnung zu beginnen. Erst wenn Erben der 1. Ordnung mit großer Sicherheit ausgeschlossen werden konnten, beginnen die Arbeiten in den höheren Ordnungen. Vierte und höhere Erbfolgeordnungen dürften in der täglichen Praxis des Nachlasspflegers eher selten eine Rolle spielen. Hier dürfte sich aufgrund der zumeist äußerst schwierig gelagerten Recherchen ohnehin die Einschaltung eines professionellen Erbenermittlers anbieten.

[126] BayObLG BayZ 1914, 25.
[127] Staudinger/Marotzke, § 1960 BGB Rn 56.

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