a) Schutz des vertragsmäßig Bedachten
Rz. 144
Geschützt wird das Recht des vertragsmäßig Bedachten. Würde die anderweitige Verfügung von Todes wegen diese Rechtsstellung mindern, beschränken, belasten oder gegenstandslos machen, so ist eine Beeinträchtigung gegeben. Ob eine nur wirtschaftliche Beeinträchtigung ausreicht, ist umstritten. Es dürfte auf die nachteilige Veränderung der rechtlichen Position des vertragsmäßig Bedachten ankommen. Beispielsweise wenn der Erblasser nach Abschluss des Erbvertrags eine Testamentsvollstreckung anordnen will. Damit würde die Rechtsstellung des vertragsmäßig Bedachten beschränkt werden, insbesondere im Hinblick auf seine Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis bezüglich der einzelnen Nachlassgegenstände, §§ 2205, 2211 BGB. Umstritten ist, ob es für die Feststellung einer Beeinträchtigung i.S.d. § 2289 Abs. 1 BGB allein auf einen Vergleich aus rechtlicher Sicht ankommt oder ob auch wirtschaftliche Gesichtspunkte berücksichtigt werden müssen.
Gegen die Berücksichtigung wirtschaftlicher Gesichtspunkte hat sich der BGH ausgesprochen. Danach kommt es ausschließlich auf die Beeinträchtigung in rechtlicher Hinsicht an.
Rz. 145
Ob eine spätere testamentarische Verfügung des Vertragserblassers den Vertragserben i.S.v. § 2289 Abs. 1 S. 2 BGB beeinträchtigt, ergibt sich aus dem Vergleich der im Erbvertrag und im Testament festgelegten Rechtsstellung des Erben. § 2289 Abs. 1 BGB will das Recht des vertraglichen Bedachten, nicht dessen wirtschaftlichen Erwerb schützen.
b) Auswechslung der Person des Testamentsvollstreckers in späterem Testament
Rz. 146
Die Frage, inwieweit in einer bloßen Auswechslung von Testamentsvollstreckern eine Beeinträchtigung i.S.v. § 2289 Abs. 1 S. 2 BGB liegen kann, wird in Rechtsprechung und Literatur nicht einheitlich beantwortet.
Die wohl überwiegende Auffassung in der Literatur sieht in einer solchen Auswechslung keine Beeinträchtigung.
Andere gehen dagegen in diesen Fallgestaltungen eher von einer grundsätzlichen Benachteiligung aus oder davon, ob die Bedachten im Einzelfall gegenüber der ursprünglichen Verfügung konkret messbar benachteiligt sind.
Die Rechtsprechung stellt demgegenüber seit langem den Inhalt des Erbvertrags als Vergleichsmaßstab für nachfolgende testamentarische Verfügungen in den Vordergrund und bemisst danach, ob im konkreten Fall eine Beeinträchtigung der Rechte des Vertragserben auszumachen ist.
Rz. 147
An diesem Ansatz der Rechtsprechung hält der BGH fest: Die Frage einer Beeinträchtigung lässt sich ohne vorherige Ermittlung des Vertragsinhalts nicht beantworten. Erst so lässt sich feststellen, ob die spätere letztwillige Verfügung die vertragsmäßige Zuwendung mindern, beschränken, belasten oder gegenstandslos machen würde. Für eine Gewichtung der Beeinträchtigung etwa nach "Spürbarkeit" oder "Messbarkeit" ist dabei allerdings kein Raum. Derartige Begriffe böten im Übrigen kein sicheres Abgrenzungskriterium.
Rz. 148
Auch bei abstrakter Fragestellung nach beeinträchtigenden Wirkungen bei bloßer Auswechslung von Testamentsvollstreckern ist eine völlige Abkopplung von dem Erbvertragsinhalt mit seinen Bindungen nicht möglich.