Rz. 155
Die Aufhebungswirkung des § 2289 Abs. 1 S. 1 BGB entfällt, wenn der Erbvertrag aufgehoben, er durch Vorversterben des Bedachten oder Ausschlagung gegenstandslos wird, wenn vom Erbvertrag zurückgetreten wird oder wenn – beim Ehegattenerbvertrag – die Ehe geschieden bzw. eine eingetragene Lebenspartnerschaft aufgehoben wird (§ 15 LPartG). Haben sich Eheleute in einem Erbvertrag durch vertragliche Verfügung gegenseitig zu Alleinerben und ihr einziges Kind zum Schlusserben eingesetzt, so entfällt die vertragliche Bindung bezüglich der Einsetzung des Schlusserben mit der Scheidung der Ehe der Eltern, es sei denn, es lässt sich feststellen, dass sie bei Abschluss des Erbvertrags die Einsetzung des Kindes als Schlusserben auch für diesen Fall gewollt haben, §§ 2077 Abs. 1, 2, 2280, 2298 BGB. Seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts vom 20.7.2017 zum 1.10.2017 sind gleichgeschlechtliche Partner Eheleuten gleichgestellt.
Haben die Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft einen Erbvertrag geschlossen oder hat der Erblasser zugunsten seines Partners ein Testament errichtet und heiraten die Partner später, findet auch im Fall der Scheidung vor dem Tod § 2077 BGB keine entsprechende Anwendung.
Rz. 156
Zur Frage der Wirksamkeit einer früheren Verfügung von Todes wegen bei Wegfall des erbvertraglich Bedachten hat das OLG Zweibrücken mit Beschl. v. 4.3.1999 entschieden:
Zitat
"Ist der in einem Erbvertrag vertragsmäßig Bedachte vor Eintritt des Erbfalls verstorben, so kann eine frühere letztwillige Verfügung des Erblassers das Recht des Bedachten nicht beeinträchtigen und behält deshalb grundsätzlich ihre Wirkung. Etwas anderes gilt dann, wenn sich aus dem Erbvertrag der Wille des Erblassers entnehmen lässt, die früher getroffene Verfügung von Todes wegen in jedem Falle aufzuheben."
Nach § 2289 Abs. 1 S. 1 BGB wird durch den Erbvertrag eine frühere letztwillige Verfügung des Erblassers aufgehoben, soweit sie das Recht des vertragsmäßig Bedachten beeinträchtigen würde. Entscheidend für das Vorliegen einer Beeinträchtigung ist nach h.M. nicht der Zeitpunkt des Vertragsschlusses, sondern derjenige des Erbfalls. Nur dann, wenn der Bedachte auch wirklich Erbe geworden ist, kommt es zu einer Beeinträchtigung seines Rechts. Hingegen kann eine Beeinträchtigung nicht mehr eintreten, wenn der Erbvertrag bereits vor dem Erbfall gegenstandslos wird, weil der Bedachte wegfällt. Bei einem Vorversterben des Bedachten behält eine frühere Verfügung von Todes wegen grundsätzlich ihre Wirkung.