Rz. 48
Zwingend vorgeschrieben ist notarielle Beurkundung bei gleichzeitiger Anwesenheit der Vertragschließenden, § 2276 Abs. 1 BGB ("Simultanbeurkundung"). Eine Trennung des Vertrags in Vertragsangebot und Vertragsannahme ist damit ausgeschlossen. Auf den Beurkundungsvorgang finden die Vorschriften über die Errichtung eines öffentlichen Testaments entsprechende Anwendung, § 2276 Abs. 1 S. 2 Hs. 1 BGB. Die Erklärung muss nicht zwingend mündlich oder durch Übergabe einer offenen oder verschlossenen Schrift abgegeben werden. Diese Vorschriften gelten sowohl für den Erblasser als auch für den Vertragspartner, der nicht als Erblasser handelt, § 2276 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 BGB. Schließen Ehegatten einen Erbvertrag, den sie mit einem Ehevertrag in einer Urkunde verbinden, so genügt die für den Ehevertrag vorgeschriebene Form, §§ 2276 Abs. 2, 1410 BGB. Die Beurkundungsvorschriften für Verfügungen von Todes wegen finden sich teils im BGB, teils im BeurkG. In erster Linie sind es verfahrensrechtliche Vorschriften, teilweise beinhalten sie auch materielles Recht. Zunächst gelten die allgemeinen Regeln über die Beurkundung von Willenserklärungen nach §§ 6 ff. BeurkG. Darüber hinaus sind Besonderheiten geregelt in §§ 27–35 BeurkG sowie in §§ 2229–2233 BGB für das Testament und in den §§ 2274–2276 BGB für den Erbvertrag. Fehlt bei Änderungen in einer notariellen Urkunde (hier: Erbvertrag) ein Vermerk oder die Unterschrift des Notars, so beeinträchtigt dies die Wirksamkeit der Beurkundung nicht.
Rz. 49
Der Erbvertrag kann auch in einem gerichtlichen Vergleich geschlossen werden, der handelnde Erblasser muss diesen Vergleich aber persönlich genehmigen.
Rz. 50
Zur Testiermöglichkeit Mehrfachbehinderter
Das Gesetz zur Änderung des Rechts der Vertretung durch Rechtsanwälte vor den Oberlandesgerichten (OLG-Vertretungsänderungsgesetz – OLGVertrÄndG) vom 23.7.2002, in Kraft getreten am 1.8.2002, hat verschiedene Änderungen des Beurkundungsrechts gebracht. Die bis zu seinem Inkrafttreten geltenden Vorschriften sind noch auf die bis zu diesem Zeitpunkt errichteten Verfügungen von Todes wegen anzuwenden. Sie sind also bei Erbfällen, die nach dem 1.8.2002 eingetreten sind und noch eintreten werden, zu beachten.
Rz. 51
Die Regelung in § 2232 BGB verzichtet auf das zwingende Erfordernis der Mündlichkeit der Erklärung.
Das Beurkundungsgesetz bedurfte insbesondere in §§ 22 und 24 ebenfalls der Anpassung. § 31 BeurkG wurde ganz gestrichen. Um zu vermeiden, dass das Bestehen einer Vertrauensbeziehung zu Streitigkeiten über die Wirksamkeit einer Verfügung von Todes wegen führt, wird in dem per 1.8.2002 neu gefassten § 24 BeurkG die Vertrauensperson als eine Person beschrieben, die sich mit dem Beteiligten zu verständigen vermag und mit dessen Zuziehung er einverstanden ist. Dies werden in den meisten Fällen Angehörige oder dem Testator sonst nahestehende Personen sein.
Rz. 52
Die stetig zunehmende Überalterung unserer Gesellschaft und die Möglichkeiten der modernen Medizin, gesundheitlich schwerstgeschädigte Menschen (z.B. nach Unfällen, bei Schlaganfällen) – am Leben zu erhalten, andererseits aber auch die Tatsache, dass die Neigung, in gesunden Tagen letztwillig zu verfügen, kaum zugenommen hat, wird Notare jetzt häufiger in die Lage bringen, die letztwillige Verfügung einer mehrfach behinderten Person beurkunden zu müssen. Denkt man weiter, dass möglicherweise ein gemeinschaftliches Testament oder ein Erbvertrag beurkundet werden soll, bei dem ein Erblasser, zwei oder mehrere in der beschriebenen Weise behindert sind, so wachsen die Schwierigkeiten immens.
Rz. 53
Mittels Gebärdensprache und der Mithilfe einer zugezogenen Person müssen folgende Dinge zuverlässig geleistet werden:
▪ |
Prüfung der Geschäfts- bzw. Testierfähigkeit des Testierenden (§ 11 BeurkG), |
▪ |
Prüfung der Testierfreiheit, |
▪ |
Prüfung der Vermögens- und Familienverhältnisse, |
▪ |
Erforschung des unbeeinflussten Willens (frei von interessierten Dritten), |
▪ |
Belehrung über die rechtliche Tragweite der einzelnen Anordnungen, |
▪ |
bei einem gemeinschaftlichen Testament der Interessenausgleich zwischen beiden Erblassern unter Berücksichtigung der Fragen einer in Betracht kommenden Wechselbezüglichkeit. |