Rz. 104

Neben inhaltlichen Erwägungen, die in erster Linie für die Rechtswahl auf das Staatsangehörigkeitsrecht maßgeblich sein werden, kann auch eine Verlagerung der internationalen Zuständigkeit zu den Gerichten des Landes, dessen Staatsangehörigkeit der Erblasser besitzt, als Aspekt in die Gestaltungsüberlegungen einbezogen werden. Die Verordnung sieht dafür zwei Möglichkeiten vor (Art. 59 EuErbVO):

(1) Durch eine schriftliche Gerichtsstandsvereinbarung gem. Art. 5 EuErbVO, wenn alle beteiligten Streitparteien bzw. bei nichtstreitigen Nachlassverfahren alle potentiellen Erben und Begünstigten (entsprechend dem materiellen Beteiligtenbegriff des BVerfG[70]) die Verweisung an ein Gericht, dessen Recht aufgrund der Rechtswahl zur Anwendung kommt, beantragen.

(2) Auf Antrag eines Beteiligten durch bindende Verweisung des Gerichts am gewöhnlichen Aufenthaltsort, wenn es die Gerichte in dem Land, dessen Staatsangehörigkeit der Erblasser besaß, für besser geeignet zur Entscheidung ansieht (Art. 6 lit. a EuErbVO).

 

Rz. 105

Beide Alternativen setzen aber zwingend voraus, dass der Erblasser eine ausdrückliche oder zumindest konkludente Rechtswahl zu seinem Staatsangehörigkeitsrecht getroffen hat. Lebt also bspw. ein deutscher Staatsangehöriger dauerhaft in Spanien, hinterlässt aber Kinder und Immobilien ausschließlich in Deutschland, muss er ein Testament mit einer Rechtswahl zum deutschen Recht errichten, wenn er indirekt erreichen will, dass seine Kinder nach seinem Tod eine Verweisung an die deutschen Gerichte beantragen und vor Ort einen deutschen Erbschein erhalten können. Unterlässt er dies, weil er z.B. inhaltlich keinen Bedarf für ein Testament sieht, bleiben die Gerichte in Spanien international zuständig, ohne den Fall von sich aus nach Deutschland abgeben zu können.

[70] Materiell Beteiligter ist jeder, dessen materiellrechtliche Rechtsposition betroffen ist, BVerfG FamRZ 2009, 106 = NJW 2009, 138 = ZEV 2009, 44.

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