Rz. 1144
Es werden in die Grundsicherung auch Personen mit einbezogen, die zwar im erwerbsfähigen Alter sind, aber einer Beschäftigung dauerhaft nicht mehr nachgehen können, um ihre materielle Situation zu verbessern. Ihre Position, die aufgrund typischer und objektiver Gründe eine Erwerbsaufnahme nicht mehr erwarten lässt, unterscheidet sich grundlegend von derjenigen von erwerbstätigen oder potentiell erwerbsfähigen Hilfeempfängern unter 65/67 Jahren, für die immerhin eine der Arbeitsmarktlage entsprechende Chance zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit besteht. Gerade bei Mitverschulden des Geschädigten gewinnt die Grundsicherung an Bedeutung.
Rz. 1145
Antragsberechtigt sind daher Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage i.S.v. § 43 II SGB VI voll erwerbsgemindert sind und bei denen es unwahrscheinlich ist, dass die volle Erwerbsminderung behoben werden kann (dauerhafte Erwerbsminderung).
Rz. 1146
Nicht erforderlich sind Erfüllung der rentenversicherungsrechtlichen Mindestversicherungszeit (Wartezeit) oder Vorliegen der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für den Bezug einer Erwerbsminderungsrente.
Rz. 1147
Eine befristete Erwerbsminderung reicht nicht aus: Für solche voll Erwerbsgeminderte, die eine befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung erhalten bzw. erhalten würden, weil entweder der Anspruch auf volle Erwerbsminderung nur in Abhängigkeit von der jeweiligen Arbeitsmarktsituation besteht oder weil von einer Behebung der vollen Erwerbsminderung ausgegangen werden kann, entfällt die Antragsberechtigung. Eine Befristung kann längstens für 3 Jahre erfolgen, nach einer Gesamtdauer von 9 Jahren ist allerdings von fehlender Behebbarkeit der Minderung auszugehen, § 102 II SGB VI. Die einmal festgestellte medizinisch bedingte dauerhafte volle Erwerbsminderung ist nicht jährlich (Bewilligungszeitraum beträgt 12 Monate, § 44 I SGB XII, § 6 S. 1 GSiG a.F.) zu prüfen, da die Feststellung ja gerade daran anknüpft, dass die Minderung dauerhaft ist.
Rz. 1148
RVT sind sowohl aufgrund des GSiG wie des SGB XII in das Verfahren eingebunden; sie trifft u.a. eine Informations- und Beratungspflicht: § 15 IV SGB I, § 109a SGB VI, § 46 SGB XII (§§ 5, 7 GSiG). Liegt eine Rente (nach dem SGB VI) betragsmäßig unter bestimmten Grenzen, ist der Information seitens des RVT bereits ein Antragsformular beizufügen (§ 109a I 3 SGB VI); hier besteht eine über die Informationspflicht hinausgehende Handlungsverpflichtung des RVT. Auf Ersuchen des Trägers der Grundsicherung stellt der RVT bei Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet und keinen Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente haben, fest, ob sie voll erwerbsgemindert i.S.d. § 43 II SGB VI sind und dieses auch bleiben, § 109a II SGB VI. An die Entscheidung des RVT ist der Grundsicherungsträger gebunden, nicht zuletzt, um an gleichen sozialrechtlichen Maßstäben ausgerichtete Entscheidungen und damit Rechtssicherheit für die betroffenen Personen zu gewährleisten. Der Grundsicherungsträger hat dem RVT dessen Kosten und Auslagen zu erstatten (§ 30 II 1 SGB IV, § 109a II 3 SGB VI, § 45 II SGB XII). Diese Verwaltungskosten sind dem SHT (bis 31.12.2004 Grundsicherungsträger) mangels Kongruenz nicht zu erstatten.