Dr. iur. Maximilian von Proff zu Irnich
Rz. 18
Für die Zeit bis zum Inkrafttreten des MoPeG am 1.1.2024 stellt sich die Rechtslage hingegen folgendermaßen dar:
Spätestens nach dem Beschluss des BGH vom 4.12.2008 wurde die GbR als Inhaberin dinglicher Rechte im Grundbuch als Problemfall angesehen. Zum einen aus Sicht der GbR und ihrer Gesellschafter: wie können Existenz, Identität und Vertretung der GbR dem Grundbuchamt nachgewiesen werden, wenn es um die erstmalige Eintragung oder aber eine spätere Änderung in den Grundbuchverhältnissen geht? Zum anderen aus Sicht der Gläubiger und Vertragspartner der GbR, generell des Rechtsverkehrs: wie kann sichergestellt werden, dass im Namen einer im Grundbuch eingetragenen GbR auftretende Personen wirksam für diese dingliche Rechtsänderungen bewirken können, notfalls im Wege gutgläubigen Erwerbs (§ 892 BGB)?
Rz. 19
Der Gesetzgeber hat die Thematik mit dem insoweit bereits am 18.8.2009 in Kraft getretenen Gesetz zur Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs und der elektronischen Akte im Grundbuchverfahren sowie zur Änderung weiterer grundbuch-, register- und kostenrechtlicher Vorschriften v. 11.8.2009 (ERVGBG) zu entschärfen versucht. § 47 Abs. 2 GBO ordnet nunmehr an, bei Eintragung eines Rechts für eine GbR im Grundbuch auch deren Gesellschafter im Grundbuch einzutragen ("Gesellschaft bürgerlichen Rechts, bestehend aus A und B"). Natürliche Personen als Gesellschafter sind mit Name (Vorname und Familienname), Wohnort, Beruf und – soweit bekannt – Geburtsdatum (§ 15 Abs. 1 Buchst. a und c GBV), juristische Personen, Handels- und Partnerschaftsgesellschaften mit Namen oder Firma und Sitz zu bezeichnen (§ 15 Abs. 1 Buchst. b und c GBV). Hat die GbR Name und Sitz, können diese zur Bezeichnung der Gesellschaft zusätzlich angegeben werden (§ 15 Abs. 1 Buchst. c Hs. 2 GBV).
Rz. 20
Die mit dem Beschluss des BGH vom 4.12.2008 aufgeworfenen Zweifel, ob ein Immobilienerwerb von einer eingetragenen GbR überhaupt noch rechtssicher möglich ist, sind mit der vorgenannten gesetzgeberischen Hilfsmaßnahme weitgehend entkräftet. Materiell-rechtlich sind Schutzlücken des Erwerbers großteils geschlossen, weil § 899a BGB den Gutglaubensschutz auf den eingetragenen Gesellschafterkreis erweitert. Ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts im Grundbuch eingetragen, so wird in Ansehung des eingetragenen Rechts auch vermutet, dass diejenigen Personen Gesellschafter sind, die nach § 47 Abs. 2 S. 1 GBO im Grundbuch eingetragen sind, und dass darüber hinaus keine weiteren Gesellschafter vorhanden sind (§ 899a S. 1 BGB). Die §§ 892 bis 899 BGB gelten bezüglich der Eintragung der Gesellschafter entsprechend (§ 899a S. 2 BGB). Ungeklärt und vom BGH bislang offen gelassen ist, ob der Gutglaubensschutz der §§ 892, 893 i.V.m. § 899a S. 2 BGB sich auch auf das schuldrechtliche Grundgeschäft erstreckt. Hiergegen spricht die systematische Stellung des § 899a BGB im Sachenrecht; für eine schuldrechtliche Wirkung hätte man eine allgemeine Rechtsscheinregelung in §§ 179 ff. BGB oder §§ 705 BGB erwartet; ein allgemeines Register für GbR war aber ausdrücklich nicht gewollt. Außerdem verweist § 899a S. 2 BGB auf §§ 892 ff. BGB, die für schuldrechtliche Geschäfte nur eingeschränkt Geltung beanspruchen. Letzteres ergibt sich aus § 893 BGB. Diese Vorschrift erstreckt die Gutglaubenswirkung der Grundbucheintragung nur auf folgende Sachverhalte
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an denjenigen, für welchen ein Recht im Grundbuch eingetragen ist, wird aufgrund dieses Rechts eine Leistung bewirkt – dies ermöglicht die gutgläubige Tilgung der Kaufpreisschuld – oder |
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zwischen ihm und einem anderen wird in Ansehung dieses Rechts ein nicht unter die Vorschrift des § 892 fallendes Rechtsgeschäft vorgenommen, das eine Verfügung über das Recht enthält. |
Rz. 21
Für eine darüber hinaus gehende Erstreckung auf das schuldrechtliche Grundgeschäft spricht jedoch, dass der Gesetzgeber mit der Eintragung der GbR-Gesellschafter eine partielle Registerpublizität schaffen wollte. Zudem wird mit einer Ausweitung auf das schuldrechtliche Grundgeschäft der mit § 899a BGB verfolgte Verkehrsschutz erreicht.
Rz. 22
Sollen insoweit bestehende Risiken für den Erwerber von der GbR minimiert werden, können die Gründungsgesellschafter im Gesellschaftsvertrag namens der GbR (nicht in eigenem Namen) allen Gesellschaftern gemeinschaftlich Gesamtvertretungsmacht – besser sogar jedem Gesellschafter einzeln und befreit von § 181 BGB – zu allen Erklärungen und Rechtsgeschäften mit Bezug zu dem betreffenden Grundbesitz (insbesondere schuldrechtlichen und dinglichen Rechtsgeschäften) erteilen, die ausdrücklich davon unabhängig ist, ob der jeweilige Bevollmächtigte noch Gesellschafter ist (sog. "Geburtsvollmachten"). Dabei sind die Bevollmächtigten namentlich zu bezeichnen. Die Bevollmächtigten sind mit der Befugnis auszustatten, Untervollmacht zu erteilen. Die Vollmacht ist als widerruflich auszugestalten. Widerrufsgrund könnte u.a. der Verlust der Gesellschafterstellung sein. Di...